Wenn Luftverschmutzung krank macht

Viele Menschen träumen von Luft, die wenig oder am besten keine Schafstoffe enthält.

Saubere Luft ist ein hohes Gut – dies wird uns vor allem in Zeiten starker Luftverschmutzung bewusst. | Bild: illustrissima – Fotolia

Saubere Atemluft ist wichtig für die Gesundheit. Selbstverständlich ist sie nicht. Vielerorts sind Menschen hohen Schadstoffkonzentrationen ausgesetzt, die Krankheiten wie Krebs, Asthma und Schlaganfälle verursachen können. Weltweit sterben laut WHO-Bericht jährlich mehr als drei Millionen Menschen vorzeitig an Folgen der Luftverschmutzung. Besonders im Winter sorgen Feinstaub und Stickoxide für eine erhöhte Luftverschmutzung in deutschen Städten.

Bereits 92 Prozent aller Menschen auf der Erde leiden unter Luftverschmutzung – so die erschreckende Bilanz einer neuen Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Haushaltsaktivitäten, der Verkehr, Kohlekraftwerke und Industrieanlagen gehören der WHO zufolge weltweit immer noch zu den größten Quellen von Luftverschmutzung. In Deutschland konnte durch Maßnahmen zur Verringerung der Schadstoffemissionen und die Festlegung von Grenzwerten die Belastung der Luft mit Staub, Schwefeldioxid und Blei in den letzten Jahrzehnten gesenkt werden.

Luftverschmutzung und ihre Folgen

Keine Entwarnung gibt es dagegen für Feinstaub und Stickoxide: Nach Schätzungen verursachen sie weltweit mehr als 3 Millionen Todesfälle im Jahr. Wird nichts getan, könnte diese Zahl bis 2040 sogar auf 4,5 Millionen ansteigen, warnt die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem Bericht „Energy and Air Pollution“. Luftverschmutzung gilt inzwischen als größte Gesundheitsgefahr nach Bluthochdruck, ernährungsbedingten Risiken und Rauchen. Für Allergien, Asthma und andere Lungenbeschwerden ist nachgewiesen, dass Luftverschmutzung bestehende Beschwerden verschlimmern und neue auslösen kann. Anfang der 90er Jahre hat eine Studie in Polen unter Beteiligung des Deutschen Krebsforschungszentrums eine erhöhte Sterblichkeitsrate an Lungenkrebs in Gegenden mit hoher allgemeiner Luftverschmutzung belegt. In einer Ende 2015 veröffentlichten Studie der Universität Bern wurde ein erhöhtes Krebsrisiko bei Kindern, die nahe an Autobahnen wohnen, festgestellt. Laut der Deutschen Herzstiftung stellt für Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) bereits ein kurzfristiger Kontakt mit stark verschmutzter Luft eine erhöhte Gefährdung für das Herz dar.

Was sind Luftschadstoffe?

Luftschadstoffe sind Verunreinigungen, die die natürliche Zusammensetzung der Luft verändern. Natürliche Luftverschmutzer sind Vulkanausbrüche, Waldbrände oder Sandstürme. Hauptverursacher des schwebenden Drecks ist jedoch der Mensch. Und das vor allem, wenn er mit Auto und Co. unterwegs ist. Laut Umweltbundesamt ist der Straßenverkehr der größte Luftverschmutzer. Im Winter kann man an stark befahrenen Straßen manchmal sogar sehen, wie die Autoabgase die Luft einnebeln. Zusätzlich produzieren Bremsen, Reifen und die Erosion der Straßenoberfläche Feinstaub. Neben dem Verkehr sind die Nutzung von Energie im eigenen Heim, in der Industrie und in der Landwirtschaft die Hauptquellen von Emissionen. Wer an aktuellen Luftdaten für Deutschland interessiert ist, kann sich auf der Internetseite des Umweltbundesamtes (1) informieren.

Feinstaub – winzig und gefährlich

Staub kennen wir alle. Etwa unterm Bett, wenn ein paar Tage nicht gesaugt wurde. Feinstaub dagegen ist meist so fein, dass man ihn nicht sehen kann. Außer etwa bei einem Lagerfeuer, das stark raucht. Feinstaub schwebt in der Luft und gelangt beim Einatmen in den Körper. Und das ist schlecht für die Gesundheit. Die WHO unterscheidet beim Feinstaub zwischen zwei Größenklassen: Partikel bis 10 Mikrometer Durchmesser PM10 und Partikel bis 2,5 Mikrometer Durchmesser PM2.5 (PM steht für „particulate matter“, englisch „Feinstaub“). Ab einem Durchmesser von über 10 Mikrometer spricht man von Grobstaub. Dazu zählen etwa Pollen oder Baustellenstaub. Feinstaub besteht aus den verschiedensten Substanzen (z. B. Ruß, Mineralstaub, Abriebmaterial wie Gummi, aber auch Blei, Aluminium oder Quecksilber). Der sogenannte primäre Feinstaub entsteht durch Verkleinerung von größeren Teilchen, zum Beispiel bei Verbrennungsprozessen. Sekundärer Feinstaub entsteht, wenn gasförmige Moleküle in der Luft miteinander reagieren und sich dann zu Minipartikeln verbinden.

PM10-Partikel können beim Menschen in die Nasenhöhle gelangen, PM2.5-Partikel schaffen es bis in die Bronchien und noch feinere sogar bis ins kleinste Lungengewebe und den Blutkreislauf. Die negativen Folgen für die Gesundheit hängen davon ab, wie tief die Partikel in den Körper eindringen. Sie reichen von Schleimhautreizungen bis hin zu Entzündungen der Bronchien und Lungenbläschen. Für Beschwerden wie Allergien und Asthma ist nachgewiesen, dass Luftverschmutzung bestehende Beschwerden verschlimmern und neue auslösen kann. Feinstaub kann auch die Plaquebildung in den Blutgefäßen fördern und so das Risiko für Thrombosen und Schlaganfälle erhöhen.
Feinstaub – Grenzwerte

Seit 2005 gelten zum Schutz der Gesundheit in der EU Grenzwerte für PM10-Feinstaub. Der Tagesgrenzwert beträgt 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Er darf nicht öfter als 35-mal im Jahr überschritten werden. Für PM2.5-Partikel liegt der Grenzwert bei 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Seit 1. Januar 2015 muss dieser verbindlich eingehalten werden. Ab 1. Januar 2020 dürfen die Jahresmittelwerte beim PM2.5-Feinstaub nicht mehr über 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen. Doch in manchen Städten wird das nicht eingehalten. Deutschlands Spitzenreiter in Sachen Feinstaubkonzentration ist Stuttgart. Anfang Dezember war in der baden-württembergischen Landeshauptstadt wieder Feinstaubalarm. Trotz der immer wieder festzustellenden Überschreitung gesetzlicher Grenzwerte hat sich die Luftqualität in Deutschland im Vergleich zu früheren Jahrzehnten insgesamt sehr verbessert. Laut Umweltbundesamt geht die Belastung mit Feinstäuben seit Jahren zurück: von knapp 1.900 Kilotonnen im Jahr 1990 auf 209 Kilotonnen im Jahr 2002.

Stickoxide vor Feinstaub auf der Gefahrenliste

In den letzten Jahren sind Stickoxide vor Feinstaub auf Platz eins der Gefahrenliste gerückt. Auch sie schädigen die Atemwege, verschlechtern Asthmabeschwerden und können Schlaganfälle auslösen. In Städten und Ballungszentren werden die EU-Grenzwerte für Stickoxide (40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter im Jahresdurchschnitt) und insbesondere das von Autos mit Dieselmotor in die Luft gepustete Stickstoffdioxid (NO2) immer wieder deutlich überschritten. Die höchsten Werte wurden 2015 in Stuttgart und München gemessen – aber auch an Straßen in Berlin, Hamburg und Köln waren die NO2-Werte oberhalb des gesetzlichen Limits von 40. Wegen der Überschreitungen hat die EU-Kommission gegen Deutschland ein Verfahren eröffnet. Zur Senkung der verkehrsbedingten Schadstoffemissionen gibt es in Deutschland seit Juni 2016 mittlerweile 54 Umweltzonen. Sie dürfen nur von Fahrzeugen befahren werden, die bestimmte anhand von Plaketten ersichtliche Abgasstandards einhalten.
Eine gute Nachricht gibt es für Schwefeldioxid (SO2), das beim Verbrennen von Kohle und Öl freigesetzt wird: Laut Bundesregierung werden die Grenzwerte heute an keiner Messstation in Deutschland mehr überschritten. SO2 reizt Schleimhäute und Augen und war in den Achtzigerjahren mitverantwortlich für den sauren Regen.

Luftverschmutzung – kann man sich schützen?

In Asien schützen sich viele Zweiradfahrer und Fußgänger mit Mundschutzmasken vor der starken Luftverschmutzung der Metropolen. Auch in Europa steigt die Nachfrage: Vor allem Allergiker hoffen auf einen Schutz gegen Feinstaub und Pollen. Leider vergebens, denn die winzigen Partikel können herkömmliche Mundschutzmasken mühelos durchdringen. Allenfalls helfen die Masken gegen den unangenehmen Abgasgeruch. Stattdessen empfehlen Herzspezialisten wie Prof. Meinertz, auf sportliche Aktivitäten wie Laufen und Fahrradfahren auf Straßen mit einer hohen Verkehrsdichte, insbesondere während der Rushhour, zu verzichten. Ältere Patienten mit Herz- und Lungenerkrankungen sollten sich in Zeiten hoher Luftverschmutzung besonders wenig außerhalb des Hauses aufhalten. In Gegenden mit starker Luftverschmutzung können Ventilations- oder Filtrationssysteme für die Wohnräume sinnvoll sein. In dem Experten-Ratgeber „Psychischer und sozialer Stress“ informieren Herzspezialisten und ein Psychokardiologe über Luftverschmutzung als eine Form von Stress, die das Herz-Kreislauf-System schädigen kann. Anzufordern ist der Band kostenfrei unter www.herzstiftung.de/stress.html, per E-Mail unter bestellung@herzstiftung.de oder telefonisch unter 069 955128-400.

Seit kurzem gibt es auch Sensoren zu kaufen, mit denen man die Luftqualität per Smartphone selber messen kann.