Lärm macht krank

Lärm macht krank – sogar im Schlaf. Aber was ist eigentlich Lärm?

Lärm macht krank – sogar im Schlaf. Aber was ist eigentlich Lärm? | Bild: diego cervo – Fotolia

Ohren sind immer auf Empfang gestellt und nehmen alles auf. Hupende Autos, Flugzeuge, Krach von Baustellen und Geplapper im Großraumbüro – Lärm nervt uns. Und Lärm macht krank. Eine Million gesunder Lebensjahre gehen laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) in den westeuropäischen Ländern jährlich durch Lärmeinwirkung verloren. Doch was genau ist Lärm und wie schädlich ist Lärm wirklich?

Das Problem mit den Ohren ist: Man kann sie nicht wie die Augen einfach schließen, wenn man seine Ruhe haben will. Selbst wenn wir schlafen, nehmen unsere Ohren und damit auch unser Gehirn Geräusche wahr. Das ist zunächst einmal sinnvoll. Denn so werden wir vor nahenden Gefahren aus der Umwelt gewarnt, lange bevor sie in unser Blickfeld geraten. Ursprünglich waren das Raubtiere, heute ist es meist der Straßenverkehr.

Stressfaktor Lärm macht krank

Lärm löst deshalb eine Art Alarmsignal im Gehirn aus. Akut kann das aggressiv machen und Stressreaktionen auslösen. Die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol werden ausgeschüttet, um die Reaktionsbereitschaft des Körpers zu erhöhen. Blutdruck und Herzfrequenz steigen. Durch die Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System kann chronischer Lärm körperlich krank machen. Aber auch psychische Leiden wie schlimmstenfalls Depressionen können sich infolge einer dauerhaften Lärmeinwirkung entwickeln. Den Zusammenhang zwischen chronischem Lärm und Herz-Kreislauf-Erkrankungen belegen neben vielen andern folgende Studien:

  1. Eine große dänische Studie zeigte im Jahr 2011, dass Straßenverkehrslärm das Schlaganfallrisiko erhöht (Sörensen et al., 2011).
  2. Eine Studie in Deutschland und fünf weiteren Staaten der Europäischen Union belegte im Jahr 2008, dass eine nächtliche Lärmbelastung oder die Belastung durch Straßenverkehrslärm das Auftreten von Bluthochdruck begünstigt (Jarup et al., 2008).
  3. Eine Schweizer Untersuchung zeigte im Jahr 2010, dass das Herzinfarktrisiko mit zunehmender Fluglärmbelastung steigt (Huss et al., 2010).
  4. Die Bedeutung des Nachtfluglärms belegte eine vom Umweltbundesamt im Kölner Raum durchgeführte Lärmstudie (Greiser et al, 2006). Sie konnte nachweisen, dass Ärzte mehr blutdrucksenkende Medikamente verschrieben, je höher die Fluglärmbelästigung ist. Bei 46 bis 49 Dezibel lautem nächtlichen Fluglärm stiegen bei Frauen die Verschreibungszahlen von Herz-Kreislauf-Medikamenten um 200 Prozent an, bei Männern um etwa 75 Prozent (im Vergleich zu Personen, die an weniger lärmbelasteten Wohnorten leben). Deutlich wurde auch, dass das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung oder eines psychischen Leidens ab nächtlichen Dauerschallpegeln von 40 dB(A) steigt (Greiser & Greiser, 2010).

Was ist Lärm?

„Lärm ist unerwünschter Hörschall; Hörschall, der zu Störungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Schäden führen kann“, so die Definition von Lärm nach DIN 1320. Die Lautstärke ist dabei nicht immer entscheidend. Man denke nur an das Kratzen von Kreide oder Fingernägeln auf einer Tafel. In der Psychoakustik werden solche Geräusche als Schärfe bezeichnet. Durch ihren großen Anteil an hohen Frequenzen ziehen sie sofort unsere Aufmerksamkeit auf sich. Solche Geräusche werden von fast allen Menschen als unangenehm empfunden. Ansonsten ist die Beurteilung von Geräuschqualitäten sehr subjektiv. Während der Eine Handyklingeltöne als nervtötend empfindet, lädt sich ein Anderer voller Begeisterung ein ganzes Arsenal davon herunter, einem Dritten sind sie völlig egal. Er hört einfach darüber hinweg. Auch spielt es eine Rolle, wer oder was den Lärm verursacht. Mäht der nette Nachbar den Rasen, stört das weniger, als wenn der weniger sympathische Mensch von nebenan das tut. Auch die Sirene eines Rettungswagens wird trotz ihrer Lautstärke meist akzeptiert, da es darum geht, Leben zu retten. Besonders nervig ist Lärm, wenn man unter Stress steht oder er unsere Tätigkeiten stört. Wer im Zug arbeiten will, empfindet schon leise Handygespräche der Mitreisenden als Lärmbelästigung, da diese die Konzentration stören.

Lärm macht krank – sogar im Schlaf

Lärm belastet uns nicht nur dann, wenn er uns stört: laute Geräusche können auch krank machen, wenn wir sie gar nicht bewusst wahrnehmen – etwa im Schlaf. Obwohl man sich an Lärm nicht gewöhnen kann, gibt es einen Schutz, der es möglich macht, dass man trotzdem schlafen kann. Das Gehirn speichert Geräusche, die zur gewohnten Geräuschkulisse gehören, so dass sie nicht bewusst wahrgenommen werden. Dadurch wird ein ständiges Aufwachen bei Nacht durch unser Gehirn verhindert. Doch auch wer neben einer vielbefahrenen Straße schläft wie ein Stein, leidet unter dem nächtlichen Lärm. Denn: Die Kreislauf- und Stoffwechselregulierung wird weitgehend unbewusst über das autonome Nervensystem vermittelt. Die autonomen Reaktionen auf eine Lärmbelastung treten deshalb auch im Schlaf auf. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt in ihren „Night Noise Guidelines for Europe“ deshalb, dass die nächtliche Lärmbelastung unter einem Pegel von 40 dB(A) bleiben sollte, um negative Effekte auf die Gesundheit zu vermeiden.

Wie kann man sich vor Lärm schützen?

Der beste Schutz ist, die Lärmquelle abzuschalten. Ist das nicht möglich, kann ein Umdenken den Lärmstress zumindest abschwächen. Vor allem wenn man weiß, dass der Lärm zeitlich begrenzt ist. Der Rasen des Nachbarn wird nicht jeden Tag gemäht und in der Regel dauert es auch keine Ewigkeit. Und wenn die Party nebenan kein Ende findet, sorgen Ohrstöpsel für Ruhe. Zudem können lärmreduzierende Vorhänge und Teppiche, schalldämpfende Spezialtapeten oder Schallschutzfenster eine sinnvolle Investition sein.

Und nicht zuletzt: Beim Thema Lärm sind wir meist ebenso Täter wie Opfer. Ein Beispiel: Durch immer mehr motorisierte Gartenhelfer ist der Geräuschpegel zuweilen auch in ruhigen Wohngegenden ohrenbetäubend. Um den Erholungswert in Gärten zu erhalten, hat das Umweltbundesamt in einem Ratgeber allgemeine Verhaltensregeln zur Lärmvermeidung und Tipps zum Kauf lärmarmer Gartengeräte zusammengestellt. Zu bestellen und als Download (1).