Stressreport 2012: Zu große Arbeitsbelastung macht auf Dauer krank

Die Arbeitsbelastung sorgt für Stress bei der Arbeit, wie der Stressreport 2012 zeigt

Die Arbeitsbelastung sorgt für Stress bei der Arbeit, wie der Stressreport 2012 zeigt | Foto: fotolia – fovito  
 
 
     

53 Millionen Krankheitstage gingen in Deutschland im Jahr 2012 auf das Konto psychischer Störungen. 41 Prozent der Frühberentungen haben ebenfalls psychische Ursachen. Die Betroffenen sind im Durchschnitt erst 48 Jahre alt. Das sind dramatische Zahlen! Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) veröffentlichte nun die Ergebnisse ihres Stressreports, der dem Phänomen Belastungen am Arbeitsplatz auf den Grund ging.

„Arbeit enthält so viel Positives, Bereicherndes, Sinnstiftendes für jeden Einzelnen. Sie wirkt schützend und stabilisierend auf die Psyche“, so die Bundesministerin Ursula von der Leyen in ihrem Vorwort zum neuen Stressreport 2012 der BAuA. Tatsächlich ist belegt, dass die psychische Gesundheit Erwerbstätiger in der Regel besser ist als die von arbeitslosen Menschen.

Trotzdem bestimmen hoher Zeitdruck, Multitasking, häufige Arbeitsunterbrechungen, Monotonie, fehlende Erholungsmöglichkeiten den deutschen Arbeitsalltag. 19 Prozent der Erwerbstätigen fühlt sich in der heutigen Arbeitswelt überfordert. 43 Prozent sind sogar der Meinung, ihr Stress bei der Arbeit habe in den vergangenen zwei Jahren noch zugenommen. Dabei kennt die psychische Belastung weder Hierarchiegrenzen noch beschränkt sie sich auf einzelne gewerbliche Branchen.

Der Stressreport beruht auf der BIBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung 2011/2012, bei der rund 18.000 Beschäftigte zu Arbeitsbedingungen, Beanspruchung, Ressourcen und gesundheitlichen Beschwerden befragt wurden. Der Bericht gibt Aufschluss über die sich verändernde Arbeitswelt und deren mögliche Auswirkungen auf Beschäftigte.

Stress durch Multitasking sowie Termindruck und Leistungsdruck

Die letzte Befragung stammt aus dem Jahr 2005/06. Im Vergleich dazu haben sich die Anforderungen in der Arbeitswelt nicht groß verändert. So sehen sich die Beschäftigten nach wie vor häufig Multitasking (58 %), starkem Termin- und Leistungsdruck (52 %) oder ständig wiederholenden Arbeitsvorgängen (50 %) ausgesetzt. 44 Prozent werden häufig bei der Arbeit gestört.

Dies empfinden viele als belastend: insbesondere den starken Termin- und Leistungsdruck (34%), die häufigen Unterbrechungen (26%), das Multitasking (17%) oder die Monotonie bei der Arbeit (9%).

Unterstützung von Vorgesetzten senkt Belastung

Ingenieure und Naturwissenschaftler sind in besonderem Maße von Termin- und Leistungsdruck sowie Multitasking betroffen. Sie verfügen aber auch über mehr Handlungsspielräume und soziale Unterstützung als andere Branchen. Von negativen Folgen ihrer Arbeit berichten sie am wenigsten.

Je häufiger die Arbeitnehmer Unterstützung von Vorgesetzten erhalten, desto geringer fällt die Anzahl der gesundheitlichen Beschwerden aus. Über alle Branchen und Berufe hinweg erleben mindestens vier von fünf Erwerbstätigen ein gutes soziales Klima am Arbeitsplatz. Sie werden von ihren Kollegen unterstützt und arbeiten gut mit ihnen zusammen. Viele der Befragten meinen auch, sie können ihre Arbeit selbst planen und einteilen. Insgesamt beurteilen die Beschäftigten die wirtschaftliche Lage ihres Betriebs im Vergleich zu 2005/2006 als besser und haben weniger Sorge, ihre Arbeit zu verlieren. Diese Faktoren tragen offensichtlich dazu bei, die Belastungen leichter zu bewältigen.

Pausenzeiten einhalten

Die durchschnittliche Arbeitszeit hat sich wenig verändert. Sie liegt bei Vollzeitbeschäftigten bei 43 Stunden pro Woche. Bedenklich ist jedoch, dass die Zahl derjenigen wächst, die aufgrund von Arbeitsbelastung auf Pausenzeiten verzichtet. Je länger die Arbeitszeit, desto häufiger der Verzicht auf Erholung. Von den Beschäftigten, die mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten (16%), tun dies bereits knapp 50 Prozent ohne Pause.

Gesundheitsberufe besonders betroffen

Die Gesundheitsberufe zählen zu den Berufsgruppen, die am meisten über eine Zunahme an Stress in den letzten Jahren berichten. Gesundheitlich leiden sie ebenfalls überdurchschnittlich unter den Folgen der Arbeitsbelastungen und klagen über körperliche und seelische Beschwerden. Sie stehen an zweiter Stelle nach den Sozialberufen, wenn es um das Thema körperliche und emotionale Erschöpfung geht.

Die Erwerbstätigen in den Gesundheitsberufen lassen trotz langer Arbeitszeiten häufig die Pausen ausfallen (43%). Überdurchschnittlich viele Beschäftigte in dieser Branche haben darüber hinaus mit den Unsicherheiten ihrer Beschäftigungssituation zu kämpfen, sei es durch befristete Arbeitsverhältnisse, Umstrukturierungen oder der schlechten wirtschaftlichen Situation ihres Betriebes. Dafür berichten sie mehr als andere Branchen, dass sie positive soziale Unterstützung erfahren und sich am Arbeitsplatz als Teil einer Gemeinschaft erleben.

Was lehrt uns der Stressreport?

Positiv herausfordernde Arbeit ist förderlich für Gesundheit, Wohlbefinden und mentale Ausgeglichenheit. Problematisch ist Arbeit, die dauerhaft überfordert. Mangelt es an Handlungsspielräumen oder sozialer Unterstützung steigt die Gefahr gesundheitlicher Beschwerden.

Mehr Beachtung muss das Thema Erholung finden. Es gilt das Bewusstsein für den Wert von Erholungszeiten zu schärfen. Denn jeder vierte Befragte lässt bereits seine Pausen ausfallen, obwohl Erholung wichtig für Gesundheit und Leistungsfähigkeit ist.

Wünschenswert wäre eine bessere Begleitung der Restrukturierungsprozesse von Unternehmen durch das Management, da diese Prozesse nachweislich Auswirkungen auf den Gesundheitszustand von Arbeitnehmern haben.