Kapitel 4: Lehmbehandlungen nach Pastor Emanuel Felke

Bis heute wirkt die Tradition des berühmten Lehmbads von Pastor Emanuel Felke in der Homöopathie nach.

Bis heute wirkt die Tradition des berühmten Lehmbads von Pastor Emanuel Felke in der Homöopathie nach. | Bild: ArtHdesign – Fotolia

Was ist Lehm?

Zu seiner Zeit war Pastor Felke auch als „Lehmpastor“ bekannt. Erde und Lehm waren ein zentraler Bestandteil seiner Heilweisen. Felke zog den Lehm der Erde vor und sprach ihm eine intensivere Wirkung zu.

Lehm besteht aus einer Mischung von relativ grobem Sand, etwas feinerem Schluff und sehr feinen Tonpartikeln. Durch diese Struktur nimmt er Wasser besonders gut auf und kann Wärme speichern. In diesen Fähigkeiten liegen auch die einzigartigen Vorzüge von Lehm in der Heilkunde begründet: Warme Lehmauflagen halten behandelte Körperregionen lange warm und verbessern dadurch die Durchblutung. Kalte Auflagen hingegen entziehen der behandelten Körperregion Wärme, entfalten eine nachhaltig kühlende Wirkung, die jedoch schonend und angenehm zugleich ist.

Neben der guten Wärmeleitfähigkeit besitzt Lehm ein ausgeprägtes Entgiftungspotenzial und kann daher Bakterien, Toxine und Stoffwechselprodukte des Körpers binden. Diese Eigenschaften unterstützen den reinigenden Effekt von Lehm, sowohl bei der äußeren als auch bei der inneren Anwendung: Wenn äußerlich angewendet, wirkt Lehm antientzündlich, abschwellend, schmerzlindernd, Juckreiz stillend, austrocknend und beruhigend. Auch Bakterien und Wundsekrete werden gebunden.

Zusätzlich wird noch der Stoffwechsel im betroffenen Gebiet angekurbelt, der Abtransport von Schlacken sowie die Versorgung mit Sauerstoff werden angeregt. Felke setzte für diese Behandlungen Wickel, Auflagen, Bäder und Kompressen ein. Zur inneren Anwendung empfahl er den Lehm vor allem bei Magen- und Darm-Erkrankungen. Denn neben lösenden, kühlenden und schmerzlindernden Eigenschaften unterstützt Lehm auch einen gesunden Magen-Darmtrakt. Heute wird diese Anwendung – in etwa mit Heilerde vergleichbar – immer noch praktiziert.

Früher wurde Lehm gegraben, gereinigt und dann als Heilmittel eingesetzt. Bei offenen Wunden bestand allerdings die Gefahr einer Infektion, da Keime, die sich in der Erde befanden, in die Wunde gelangen konnten. Schon zu Felkes Zeiten war es daher möglich, auch Bolus alba oder „weiße Tonerde“, wie er auch genannt wurde, als gereinigtes und steriles Produkt käuflich zu erwerben.

Alternativ zu Bolus alba ist auch der Einsatz von Heilerde möglich. Die Bestandteile sind dem Lehm sehr ähnlich, nur die Struktur ist etwas feiner und die mengenmäßige Zusammensetzung variiert im Vergleich zum Lehm. Adolf Just, der 1918 die Heilerde-Gesellschaft gründete, war einer der Menschen, dessen Heilweisen Felke tief beeindruckten und inspirierten.

Heilerde spielt beim Lehmbad nach Pastor Emanuel Felke eine wichtige Rolle.

Heilerde spielt beim Lehmbad nach Pastor Emanuel Felke eine wichtige Rolle. | Bild: blende40 – Fotolia

Das Lehmbad

In Felkes Jungborn (der damalige Name für seine Kureinrichtungen) wurde Lehm vor allem als Bad eingesetzt. Zu diesem Zweck wurde im Freien eine „natürliche Badewanne“ ausgehoben und mit ca. 40 Zentimetern Lehm gefüllt. Nachdem der Lehm mit meist kühlem Wasser zu einem Schlamm vermischt worden war, stieg der Patient in das Lehmbad.

Heute, fast 100 Jahre später, wird das traditionelle Lehmbad in ausgesuchten naturheilkundlich orientierten Kurhäusern, zum Beispiel in den Felke-Kurhäusern in und um Bad Sobernheim, immer noch angewendet.
Der Lehmbrei reicht den Patienten dabei bis auf Brusthöhe; Nacken, Hals, Brust und Arme werden zusätzlich bestrichen. So „verpackt“ bleibt der Patient für etwa 45 Minuten im Bad. Der leicht alkalische Lehm kann beim Trocknen Säuren und Flüssigkeiten aus dem Körper binden und so beispielsweise bei Entzündungen helfen. Außerdem belebt das Bad den Kreislauf, denn beim Auftragen des schweren Lehms verengen sich die Blutgefäße und das Blut zieht sich in die inneren Organe zurück.

Nach dem Bad streicht der Patient den Lehm wieder vom Körper, lässt den Rest an der Luft trocknen und wäscht sich dann kühl oder lauwarm ab. Dabei erweitern sich die Gefäße wieder und der Kreislauf kommt in Schwung. Durch Bewegung während des Bades, zum Beispiel durch das Kneten von Lehm oder das Massieren der Arme und Beine, kann dieser Effekt noch verstärkt werden.

Eine Stärkung des Immunsystems und verbesserte Blutwerte sind heute wissenschaftlich belegt. Außerdem hilft das Bad bei Gelenk- und Wirbelsäulen-Beschwerden, Rheuma, Erkrankungen der Venen, Erschöpfung oder Wechseljahressymptomen, um nur einige zu nennen.

Der Lehmwickel

Als Alternative zum Lehmbad wird der Lehmwickel angesehen. Er ist leichter zu handhaben und dennoch sehr effektiv. Mit dem Wickel wird ein Reiz gesetzt, der die Durchblutung der Haut anregt und auf das Stoffwechselgeschehen positiven Einfluss nimmt.

Für einen Lehmwickel wird Lehm mit Wasser oder Kräutertee zu einer breiigen Masse verrührt. Die Temperatur der Lehmmasse reicht, je nach Erkrankung und gewünschter Wirkung, von kalt bis warm. Grundsätzlich gilt: Je kälter der Lehm, desto entzündungshemmender sein Effekt; je wärmer, desto krampflösender, durchblutungsfördernder und entspannender ist seine Wirkung.

Grundsätzlich sollte während der gesamten Behandlung auf warme Füße geachtet werden, unabhängig davon, ob ein kalter oder ein warmer Wickel angelegt wird.

Der angerührte Lehm wird auf ein dünnes Leinentuch ca. 1–2 Zentimeter dick aufgetragen und mit der Lehmseite auf die zu behandelnde Körperregion gelegt. Das Ganze wird dann noch einmal mit einem weichen und trockenen Wolltuch locker umwickelt und befestigt.

Bei kalten Wickeln gilt: Keine Angst vor der Kälte – der Lehm nimmt nach kurzer Zeit Körpertemperatur an und speichert sie. Nach ca. 90 Minuten wird der Wickel abgenommen und die Haut mit lauwarmem Wasser abgewaschen.

Kalte Wickel werden bei akuten und entzündlichen Prozessen im Bewegungsapparat eingesetzt, aber auch bei Venenentzündungen, zur Blutstillung, bei „stumpfen“ Verletzungen (Prellungen) und Drüsen- oder Gewebsentzündungen.

Eine weitere Methode ist die wärmeausleitende Lehmauflage. Dafür streicht man den kalten Lehm in dünnen Schichten auf die Haut, deckt die Stelle aber nicht ab. Durch die Verdunstung entzieht der Lehm dem Gewebe die Wärme, was einen antientzündlichen Effekt hat. Zum Einsatz kommt diese Methode vor allem bei Thrombosen, Blutergüssen, akuten Gichtanfällen und Gelenkentzündungen. Auch bei offenen Wunden kann diese Methode angewendet werden.

Ein warmer Wickel kann zwei bis drei Stunden (oder auch über Nacht) auf dem schmerzenden Körperteil verbleiben. Auch dieser wird danach abgenommen, abgewaschen und eventuell noch einmal erneuert. Der Lehm sollte eine Temperatur von 40°C nicht übersteigen. Warme Wickel werden vor allem bei Gelenk- und Muskelschmerzen, aber auch bei chronischen Beschwerden des Verdauungsapparates eingesetzt. Eigentlich ist er immer dort angezeigt, wo eine stärkere Durchblutung gewünscht ist (jedoch nicht bei massiven Durchblutungsstörungen oder bei Krampfadern). Da Lehm relativ schnell abkühlt, muss ein warmer Wickel sehr schnell mit warmer Flüssigkeit angerührt und verarbeitet werden.

In allen Fällen wird der benutzte Lehm entsorgt – man darf ihn nicht erneut verwenden.

Den sogenannten Lehmwasserumschlag setzt man ein, wenn der schwere Lehmwickel ungeeignet erscheint. Man rührt etwas Lehm in Wasser, durchtränkt ein Tuch damit, faltet es vier- bis sechsmal und verfährt ansonsten wie beim Lehmwickel. Die behandelte Region wird warm zugedeckt und der Umschlag einige Zeit einwirken gelassen, bevor er wieder abgenommen werden kann.

Innere Anwendungen

Für die innere Anwendung füllt man ein großes Glas ungefähr zur Hälfte mit nicht zu kaltem Wasser. Dann wird Bolus alba, also weißer Ton, in etwa einer Menge, die der Hälfte der Wassers entspricht, zugegeben und gewartet bis er sich abgesetzt hat. Erst dann nimmt man einen Löffel und rührt kräftig um. Diese Vorgehensweise empfiehlt sich, weil der Lehm so nicht klumpt und sich sehr fein im Wasser verteilt. Über einen längeren Zeitraum hinweg, trinkt man Schluck für Schluck von dem Lehmwasser, wobei jedes Mal wieder gründlich umgerührt wird.

So eingenommen, bindet der Lehm – ähnlich wie medizinische Kohle – Giftstoffe, Gase und schädliche Bakterien im Magen-Darm-Trakt. Außerdem stellt der Lehm aufgrund seines hohen Mineralstoffgehalts dem Körper wichtige Mineralien wie Kalzium, Magnesium und Silizium zur Verfügung. Der Lehmtrunk kann bei Sodbrennen, Blähungen, Brechdurchfällen (bitte einen Arzt konsultieren) und jeder Art Magen-Darm-Verstimmung eingenommen werden.

Bei der Darstellung der Behandlungsmethoden von Pastor Felke in dieser Broschüre und den auf diesen aufbauenden Anregungen zur Selbstheilung handelt es sich lediglich um unverbindliche Ratschläge.
Bei anhaltenden, unklaren oder neu auftretenden Beschwerden ist ein Arzt aufzusuchen, da es sich um Erkrankungen handeln kann, die einer ärztlichen Behandlung bedürfen.

Weiterführende Literatur

Kramer W (1986) Lehmpastor Emanuel Felke.
Dr. Waldemar Kramer oHG, Frankfurt a. M.
Bachem M (1920) Der praktische Lehm-Doktor.
Wilhelm Möller, Frankfurt a. M.
Felke E, Rheinfeld M (1916) Handbuch der Felke-Heilweisen.
Selbstverlag, Köln.
Die Felke-Kur – Schriftenreihe der Ärztlichen
Arbeitsgemeinschaft für Felketherapie. (1975) H. Dhonau,
Th. Menschel, G. Schlau, W. Schulz (Hrg.) Waldemar Kramer,
Frankfurt a. M.
Zubehör für Wickelauflagen können bei Wickel & Co
bezogen werden: www.wickel-co.de
Informationen zur Felke-Kur finden Sie hier
www.bad-sobernheim.de/kurundwellness/felkekur

Lesen Sie hier alle Gästeblog-Beiträge von Dr. Jan-Christoph Wollmann zum Thema Felke und Homöopathie.