Versteckter Alkohol in Lebensmitteln

Versteckter Alkohol in Lebensmitteln wird wahrscheinlich aus kulturhistorischen Gründen hierzulande kaum als Problem angesehen.

Nicht nur in Süßwaren wie Pralinen kann Alkohol enthalten sein. | Bild: Flexmedia – Fotolia

Alkohol gilt in unserer westlichen Kultur als ein gesellschaftlich toleriertes Genussmittel. Zwar ist er neben Nikotin auch das am weitesten verbreitete Suchtmittel, doch durch seinen kulturgeschichtlichen Hintergrund wird Konsum von Alkohol eher bagatellisiert. Dies dürfte auch die Ursache dafür sein, dass geringe Mengen von Alkohol in den verschiedensten alkoholfreien Produkten und Lebensmitteln zu finden sind.

Das Motto vieler Lebensmittelhersteller lautet: Der Kunde bemerkt den Alkohol in Lebensmitteln nicht, dafür schmeckt es ihm besser. Denn Alkohol intensiviert den Geschmack anderer Aromen und ist darüber hinaus ein preiswertes Konservierungsmittel.

„Alkoholfrei“ ist nicht gleich alkoholfrei

Getränke, die bis zu 0,5 % Alkohol enthalten, dürfen laut Gesetzgeber als „alkoholfrei“ deklariert werden. Darüber gibt es eine Grauzone, denn erst ab 1,2 % muss ein Getränk als alkoholhaltig deklariert werden. In diese Kategorie fallen alkoholfreie Biere ebenso wie das bei Kindern und stillenden Müttern so beliebte Malzbier. Letzteres kann sogar zwischen 1 und 1,4 % Alkohol enthalten. Auch bei naturtrüben Fruchtsäften kommt es durch die natürliche Gärung zur Alkoholbildung. Und Kefir enthält einen Pilz, der Milchzucker in Alkohol umwandelt.

Versteckter Alkohol – in welchen Lebensmitteln?

Weil ein Schuss Alkohol in Speisen den Gaumen anregt, enthält auch Schokolade oft Alkohol, und wenn der Alkoholgehalt unter 4 % liegt, ist nicht einmal eine Angabe auf der Verpackung notwendig. Während dies bei Pralinen oder Rumkugeln noch einsichtig erscheinen mag, ist es aber bei Schokoladeneis, Schokoriegeln, Cremeschnitten oder Ostereiern mehr als fragwürdig. Sie können Likör (wie Amaretto), Branntwein (Rum, Cognac, Calvados) oder Weißwein enthalten, ohne bei den Zutaten genannt zu werden. Aber auch andere Süßspeisen, wie Weingummi, Konfitüren, Kompotte und rote Grütze sind nicht alkoholfrei. Dass es grundsätzlich auch ohne Alkohol gehen kann, haben vor einigen Jahren die Proteste besorgter Eltern bewirkt. Die Eltern hatten Ethanol in Kinderschokoladeprodukten entdeckt und sich mit Protesten bei den Herstellern dagegen gewehrt. Die änderten daraufhin kurzerhand die Rezepturen und entfernten den Alkohol aus den betroffenen Produkten.

Dabei wird Alkohol schon seit dem Altertum als Konservierungsmittel eingesetzt. Noch heute findet er sich in Fertigkuchenmischungen, Desserts, Sauerkraut, Saucen, Hühnerfrikassee, Fertigkompott oder Marmelade. Liegt der Alkoholanteil über den 4 %, behelfen sich manche Hersteller mit einem Trick und benutzen den Fachbegriff „Ethanol“, den viele Konsumenten nicht kennen.

Alkohol – häufig in Medikamenten

Den Klassiker der daueralkoholisierten alten Dame, die sich für die Gesundheit gerne abends ein Gläschen Kräutergeist genehmigt, dürften die meisten kennen. Besagte Heilmittel enthalten bis zu 80 % Alkohol. Selbst Zahnungstropfen für Säuglinge können bis zu 20 % enthalten. Im Gegensatz zu Lebensmitteln ist Alkohol in Medikamenten jedoch in vielen Fällen ein wichtiger Bestandteil. Alkohol wird bei pflanzlichen Arzneien als Auszugsmittel verwendet, um den Wirkstoffgehalt zu erhöhen. Außerdem ist er ein natürliches Konservierungsmittel und inaktiviert bestimmte Enzyme, sodass die Wirkung der Arzneimittel erhalten bleibt.

Versteckter Alkohol – Risiken

Die meisten Experten sind sich darin einig, dass der versteckte Alkohol in Lebensmitteln oder Medikamenten jedoch für die meisten Menschen nicht gesundheitsschädlich ist – auch nicht für Kinder oder Schwangere. Auch Autofahrer brauchen nicht um ihre Fahrtüchtigkeit zu bangen.

Es werden jedoch im Wesentlichen zwei Problemfelder diskutiert. Zum einen ist es denkbar, dass Kinder sich durch regelmäßigen Verzehr alkoholhaltiger Lebensmittel an den Geschmack gewöhnen und dadurch später als Jugendliche eine geringere Hemmschwelle haben, Alkohol zu probieren und vermehrt zu konsumieren.

Das zweite Problemfeld ergibt sich für Alkoholkranke. Ihnen wird im Allgemeinen davon abgeraten, alkoholhaltige Speisen oder Medikamente einzunehmen. Sie könnten laut Suchtmedizinern allein durch den Geschmack einen Rückfall erleiden. Sie machen vielleicht die Erfahrung, mit geringen Alkoholmengen gut zurechtzukommen. Das kann aber zur Selbstüberschätzung führen: Wer ein bisschen Rum in der Rumkugel überstanden hat, ohne rückfällig zu werden, könnte geneigt sein zu glauben, auch ein Glas Bier sei gut für ihn kontrollierbar. Durch vermehrte kleine Tabubrüche der eigenen Abstinenz kommt es dann schnell zu Schuldgefühlen und Unzufriedenheit mit der eigenen Haltung. Eine persönliche Krise oder ein Streit reichen dann mitunter, um die entscheidende Hemmschwelle zu einem Alkoholexzess zu überschreiten. Eine konsequente Alkoholtherapie setzt daher auf vollständige Abstinenz.

Wenn der Körper selbst Alkohol produziert

Neben dem verstecktem Alkohol in Lebensmitteln gibt es aber auch noch eine weitere versteckte Quelle, die den Menschen alkoholisieren kann: der menschliche Körper selbst. Das Eigenbrauer-Syndrom (englisch Auto Brewery Syndrome) ist eine seltene Darmerkrankung, die durch falsche, insbesondere sehr zuckerhaltige Nahrung und eine dadurch auftretende Immunschwäche des Darms auftreten kann. Beim Eigenbrauer-Syndrom wandelt der Hefepilz Saccharomyces cerevisiae die in Pasta, Brot und anderen Kohlenhydraten enthaltene Stärke im Darm in Ethanol um. Der Pilz kommt ebenfalls in Brauereihefe vor und sorgt bei den Leidtragenden, bei denen das Wachstum dieses Pilzes ausufert, für Rauschzustände. Bleibt die Erkrankung länger unbehandelt, kann es zu Schäden an Leber und Nerven kommen.

Falsche Ernährung, der häufige Einsatz von Antibiotika (diese töten auch gesunde Darmbakterien ab) und Cortison (unterdrückt das Immunsystem) sowie Umweltschadstoffe leisten Darmpilzen wie Candida albicans ebenfalls Vorschub. Auch diese Hefepilze erzeugen Alkohol im Körper. Gefährdet sind insbesondere Organtransplantierte, Diabetiker, Krebs- und AIDS-Patienten und Kranke, die häufig Antibiotika und Cortison einnehmen.

Fuselalkohol – Lernstörungen bei Kindern

Eine zuckerreiche Ernährung setzt schon im Kindesalter eine Art Teufelskreis in Gang. Durch den Kohlehydratüberschuss kommt es zu einer Fehlbesiedelung des Darms. Dadurch können Hefepilze, wie etwa Candida albicans bis zu den Darmzotten der Darmwände vordringen und diese besiedeln. Es entstehen Pilznester, die in der Lage sind, den Blutzuckerstoffwechsel zu beeinflussen. Dabei führen sie eine Situation der Unterzuckerung herbei, so dass Betroffene Heißhungerattacken auf Süßes bekommen und so den Darmpilz mit Nährstoffen versorgen. Bei der Verarbeitung von schnell resorbierbaren Kohlehydraten bilden diese Pilze Fuselalkohole, die Leber, Immunsystem und Nervensystem belasten. Die Folgen sind Konzentrationsstörungen, Müdigkeit nach den Mahlzeiten, Verdauungsbeschwerden und vieles mehr. Es reicht leider nicht aus, den Candida Pilz durch eine zuckerfreie Diät auszuhungern, denn er kann sich im Extremfall auch von Eiweiß ernähren. Es gibt jedoch antimykotische Medikamente und Kräuter, mit denen eine zielgerichtete Behandlung möglich ist.

>Lesen Sie hier unser Dossier zum Thema Fasten und Entgiftung

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Bild: Hevert