Kapitel 1: Johannes Weber – Honigbienen sind überlebenswichtig

Die Bienenboxen vom gemeinnützigen Verein Stadtbienen e. V. können auf Dächern, Terrassen oder am Balkon eine Heimat für ein Bienenvolk bieten. | Bild: Anna Pawlicki

In den letzten 65 Jahren ging deutschlandweit die Zahl der Bienenvölker um 80 Prozent zurück. Dabei gehören die Insekten zu unseren wichtigsten Nutztieren. Ein Aussterben von ihnen hätte verheerende Folgen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, hat Johannes Weber mit seinem Team den gemeinnützigen Verein Stadtbienen e. V. gegründet. Im Interview verrät er, warum Stadtbienen nicht nur wichtig, sondern im urbanen Umfeld auch besonders gut aufgehoben sind.

Wie wichtig sind Bienen für das ökologische Gleichgewicht?

Sehr wichtig! 75 Prozent aller Kultur- und Nutzpflanzen sind von der Bestäubung der Bienen abhängig. Vor allem Honigbienen haben eine sehr hohe Bestäubungsquote. Eine einzige Biene schafft bis zu 2.000 Blüten, ein ganzes Volk bis zu 20.000.000 Blüten pro Tag. Sie sind blütenstetig, das heißt, dass sie immer die gleiche Pflanze anfliegen. Die über 550 Wildbienen-Arten in Deutschland sind oft als Bestäubungsspezialisten unterwegs.

Wie wichtig Bienen sind, zeigt auch, dass gut ein Drittel unserer Nahrungsmittel, die wir im Supermarkt kaufen, von der Bestäubung abhängig ist. Nach Rind und Schwein landet die Honigbiene auf Rang drei der wichtigsten Nutztiere für den Menschen. Diesen Platz erobert sie vor allem wegen der Bestäubung, die sich übrigens auch sehr deutlich im Ernteertrag widerspiegelt, etwa beim Apfelanbau. Um bis zu 50 Prozent mehr Ertrag erreichen die Bäume mit der Bestäubung.

Stimmt es, dass nach einem Aussterben der Bienen der Mensch nach nur vier Jahren ebenfalls ausstirbt?

Seit den späten 1990er Jahren berichten Imkerinnen und Imker weltweit von einem Rückgang der Bienenpopulationen und einer ungewöhnlich hohen Sterberate ihrer Honigbienenvölker. Gründe für das Bienensterben sind Krankheiten und Parasiten wie die Varroamilbe, aber auch Pestizidbelastungen und Monokulturen in der Landwirtschaft bedrohen die Bienen.

Den Satz über das Nachsterben des Menschen hat angeblich kein geringerer gesagt als Albert Einstein. Doch konnte bislang nicht belegt werden, ob das stimmt. Letztlich ist es aber egal, wer es gesagt hat. Der Satz verbildlicht sehr gut die Problematik, was passieren würde, wenn das drittwichtigste Nutztier tatsächlich aussterben würde.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, den Verein Stadtbienen e. V. zu gründen?

Vor fünf bis sechs Jahren kam das Thema auf, die Stadt als Rückzugsort für Bienen zu nutzen und der sinkenden Bienenpopulation etwas entgegenzusetzen. Wir wollten für interessierte Menschen die Möglichkeit schaffen, in der Stadt etwas für Bienen tun zu können.

Das erste, was wir gemacht haben, war die Bienenbox. Sie entspricht in etwa dem, wie wir uns eine zukunftsfähige Imkerei vorstellen. Denn sie ist so konstruiert, dass auf kleinem Raum Bienen ökologisch sinnvoll gehalten werden können. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Honigproduktion. Je geringer der Eingriff in die Box ist, etwa durch die Entnahme der Rähmchen, desto weniger Stress entsteht für die Bienen. Aber auch für den Bienenbetreuer reduziert sich die Arbeit.

Wir wollten noch mehr tun. So haben wir Aus- und Fortbildungen konzipiert, damit Interessenten das Imkerhandwerk kennen- und erlernen können. Mittlerweile sind wir damit in 18 Städten vertreten. Vom Schnupperkurs bis zum einjährigen Imkerkurs – in diesem Jahr besuchen voraussichtlich über 500 Menschen unsere Angebote. Die Kurskonzepte entwickeln wir gemeinsam mit unseren lokalen Referenten, die in ihrer Stadt häufig zentraler Ansprechpartner für das Imkerwesen sind.

Lesen Sie im zweiten Kapitel mehr über die Stadtbienen, welche Motivation dahintersteckt und ob der Stadthonig anders schmeckt als auf dem Land.

Lesen Sie hier alle Gästeblog-Beiträge von Johannes Weber über Stadtbienen.

>Sehen Sie hier unser Dossier zum Thema Insekten