Weltkusstag am 6. Juli: Küssen ist gesund, aber warum tun wir es?
Jeder tut es gerne. Im Schnitt küsst der Mensch während 70 Lebensjahren 110.000 Minuten. Das sind 76,4 Tage! Der Kuss und seine gesunde Wirkung sind beliebtes Forschungsthema und sogar ein internationaler Tag des Kusses wurde 1990 in Großbritannien ausgerufen. Leider ging es dabei eher ums Business. Und auch evolutionär gesehen ist der Lippenkontakt ziemlich unromantisch.
Er geht ganz leicht. Im Stehen, Sitzen, Liegen. Einfach den Kopf nach rechts, so machen es zumindest zwei Drittel, und los geht’s. Ob als Selbstzweck oder Auftakt zu mehr – ein Kuss wird von vielen Menschen als intimste Form der zwischenmenschlichen Annährung empfunden. Kein Wunder, sind beim Küssen doch alle fünf Sinne und speziell die unbestechlichen niederen Sinne Geruch und Geschmack ganz nah am Geschehen. Ein Kuss sagt deshalb mehr als tausend Worte. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Warum wir die Lippen aufeinander pressen, ist dagegen nicht genau geklärt. Sicher scheint, dass das Küssen nicht angeboren ist. Denn nicht alle Menschen küssen. Bekanntestes Beispiel: Die Eskimos. Für Verhaltensforscher kommt der Kuss von der Mund-zu-Mund-Fütterung in der Primatenzeit. Da es noch keine Babynahrung gab, wurde alles vorgekaut und ohne Umwege weitergegeben. Anthropologen haben da eine ganz andere Theorie.
Frosch oder Prinz? Die biochemische Wirkung des Kusses
Die Optik stimmt, sonst auch sehr viel und dann ein Kuss. Eine Erklärung für die Verwandlung vom Prinzen zum Frosch per Kuss liefern Wissenschaftler wie die Anthropologin Helen Fisher von der Rutgers Universität im US-Bundesstaat New Jersey. Sie versteht den Kuss nicht als Überbleibsel eines Fütterungsrituals, sondern als eine Art Wegweiser bei der Partnerwahl. Und die hat evolutionsbiologisch nur ein Ziel, nämlich Fortpflanzung. Das war in grauer Vorzeit so und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Wie Fisher herausfand, werden beim Küssen über den Speichel Botenstoffe ausgetauscht, die etwas über den Charakter des Partners aussagen („Die vier Typen der Liebe”, Droemer Verlag). Je nachdem, welche Botenstoffe dominieren, werden vier Typen unterschieden: Die risikofreudigen und abenteuerlustigen Dopamin-Typen, die ausgeglichenen, traditionell denkenden Serotonin-Typen, die sachlich-praktischen Testosteron-Charaktere und schließlich die treu sorgenden, friedliebenden Östrogen-Typen. Und auch, ob sich Gegensätze anziehen oder sich doch Gleich und Gleich gern gesellt, hat die Forscherin untersucht. Dazu befragte sie 40.000 Menschen online zu ihren Charaktereigenschaften. Das Ergebnis: Risikofreudige Dopamin-Menschen und traditionelle Serotonin-Typen bevorzugen ihresgleichen. Häufiger zu einem gegensätzlichen Partner fühlen sich dagegen Testosteron- und Östrogen-Typen hingezogen.
Doch nicht nur der Charakter soll sich bei Küssen offenbaren. Der Geschmack des Speichels gibt auch Auskunft darüber, ob die Immunsysteme der Partner miteinander harmonieren. Gegen welche Krankheiten ein Mensch immun ist, ist von bestimmten Genen, den MHC-Genen, codiert. Und die werden beim Küssen über den Geruchs- und Geschmackssinn wahrgenommen. Je unterschiedlicher die MHC-Gene des Kusspartners sind, desto eher wird er bevorzugt. So wird eine Immunität gegen mehr Krankheiten auf den Nachwuchs vererbt und dessen Lebenserwartung erhöht.
Küssen ist gesund, es stärkt die Abwehrkräfte
Beim Küssen wird aber nicht nur Speichel ausgetauscht, sondern auch Bakterien. Und das sind nicht wenige: 80 Millionen Bakterien sollen laut einer Studie der Niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung (TNO) bei einem einzigen Kuss den Besitzer wechseln. So viele? Wenn man weiß, dass allein auf einen Quadratzentimeter Zunge etwa eine Milliarde Bakterien kommen, ist die Zahl auf einmal gar nicht mehr so schockierend. Und das Ganze hat ja auch etwas Gutes: Das Immunsystem lernt die fremden Mikroben kennen und ist so in Zukunft besser auf sie vorbereitet. Küssen wirkt damit wie eine Art Schluckimpfung. Zudem produziert der Körper nach Erkenntnissen von US-Forschern beim Küssen chemische Substanzen (Neuropeptide), die die sogenannten Killerzellen aktivieren. Sie schützen den Körper vor Infektionen, indem sie schädliche Bakterien oder Viren vernichten.
… und die Partnerschaft
Ein Kuss setzt nach Erkenntnissen von US-Forschern im Gehirn Oxytocin frei. Dieses sogenannte „Kuschelhormon“ ist dafür bekannt, die innere Bindung zu fördern. Paare, die sich viel küssen, sorgen für eine feste Beziehung. Kein Wunder also, dass die Häufigkeit, mit der sich Paare küssen, in direktem Zusammenhang mit der Zufriedenheit in der Beziehung steht. Zu diesem Ergebnis kam eine Befragung von 900 Probanden des Oxforder Psychologen Robert Wlodarski. Für Sex gilt dieser Zusammenhang nicht. Damit ist wissenschaftlich erwiesen, was wir ohnehin schon immer gefühlt haben: Bei kaum einem anderen Körperkontakt spüren wir so viel Nähe zueinander.
Im Gewinnspiel konnten Sie Ihr Wissen unter Beweis stellen. Bei jeder der vier folgenden Fragen gab es drei Antwortmöglichkeiten – doch nur eine war jeweils richtig. Die Antworten konnten hier als Kommentar unter den Artikel bis zum 28. Juni gepostet werden. Unter allen Teilnehmern werden nun drei Gewinner ausgelost, die jeweils drei kleine Pflanzentöpfchen mit Roten-Sonnenhut-Keimlingen gewinnen, die sich zum Weltkusstag an die Liebsten verschenken lassen. Oder wie wäre es, die Blümchen gemeinsam wachsen zu lassen, zu hegen und zu pflegen? Die drei Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. Einsendeschluss war der 28. Juni.
1. Frage: Wie viele Tage küsst ein Mensch durchschnittlich in 70 Lebensjahren?
a) 55,3 Tage
b) 67,6 Tage
c) 76,4 Tage
2. Frage: Woher kommt laut Verhaltensforschern der Kuss?
a) Fütterungsritual
b) Balzritual
c) Begrüßungsritual
3. Frage: Küssen stärkt…
a) Haarwuchs und sozialen Status
b) Abwehrkräfte und Partnerschaft
c) Vitamin-D-Produktion und Orientierungssinn
4. Frage: Wie viele Bakterien wechseln laut einer Studie bei einem Kuss den Besitzer?
a) 80 Millionen
b) 90 Millionen
c) 120 Millionen
Quellen und weiterführende Links:
Springermedizin.de – Küss mich nochmal
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