Bringt die Kneipp-Therapie die Abwehr auf Trab? News aus der Wissenschaft

Kneipp
Wassertreten – am schönsten in der freien Natur. Ist kein kaltes Gewässer in der Nähe, tuts auch die Badewanne | Bild: mmphoto – Adobe Stock

Ob kalte Dusche, barfuß durch den Schnee oder das zum Trend gehypte Eisbaden – viele Menschen setzten auf Abhärtung durch Kälteschocks, um sich gegen Infekte zu wappnen. Sebastian Kneipp würde es gefallen, schließlich überstand er selbst damit eine lebensbedrohliche Lungenerkrankung. Ob kaltes Wasser bei entsprechender Anwendung einen positiven Effekt auf das Immunsystem hat, untersucht mittlerweile die moderne Wissenschaft. Pünktlich zu Kneipps 200. Geburtstag am 17. Mai 2021 fasste eine Übersichtsarbeit den aktuellen Forschungsstand zur Kneipp-Therapie zusammen.

Denken wir an Kneipp, denken wir an Wasser. Dabei hat der Pfarrer Sebastian Kneipp die Hydrotherapie weder erfunden, noch setzte er allein auf die Heilkraft des Wassers. Kneipp war als einer der Ersten der Überzeugung, dass Körper, Geist und Seele in Balance der Schlüssel zur Gesundheit sind. Heute würden wir von ganzheitlich sprechen. Zu Kneipps Zeiten war dieser Ansatz revolutionär. Neben Wasser umfasst seine Lehre gesunde Ernährung, körperliche Bewegung, Entspannung (Lebensordnung) und Heilpflanzen. Ob zur Behandlung oder Vorsorge – eine Kneipp-Kur basiert noch heute auf diesen Therapieansätzen.

Auch wenn Kneipp mehr ist als kaltes Wasser – er machte es als Heilmittel populär und es machte ihn als „Wasserdoktor“ weltweit berühmt. Eine der beliebtesten Kneipp-Anwendungen ist Wassertreten. Kein Wunder: Es ist fast überall ohne großen Aufwand machbar und die Wirkung spürt man sofort. Ob Kneipp-Becken, Bach, See oder Badewanne – ein Zugang zu kaltem Wasser reicht. Und belohnt wird der Storchengang durchs maximal kniehohe kalte Wasser mit einem belebenden Frischekick. Wie die Gesundheit davon profitiert, wird zunehmend wissenschaftlich erforscht.

Abhärtung: Stärkt Kneippen das Immunsystem?  

200 Jahre Kneipp – pünktlich zu diesem Jubiläum erschien eine Übersichtsarbeit Münchner Wissenschaftler. Sie fasst die Ergebnisse von klinischen Studien zur Kneipp-Therapie ab dem Jahr 2000 zusammen Wissenschaftliche Hinweise auf ihre Wirksamkeit fanden sich für die verschiedensten Erkrankungen und Beschwerden wie leichte Herzinsuffizienz, chronisch-venöse Insuffizienz, Bluthochdruck, Beschwerden in den Wechseljahren und Schlafstörungen.

Ob Wassertreten nach Kneipp das Immunsystem im Sinne einer Abhärtung positiv beeinflusst, untersuchte eine deutsche Studie mit 24 gesunden Frauen zwischen 18 und 30 Jahren. Die Teilnehmerinnen wurden in zwei Gruppen unterteilt: 12 Frauen absolvierten über 4 Wochen täglich morgens für bis zu drei Minuten Wassertreten nach Kneipp. Die 12 Frauen der Kontrollgruppe erhielten keine Behandlung. Bei den Frauen, die Wassertreten praktizierten, fanden sich mehr spezifische Botenstoffe der Immunabwehr und mehr weiße Blutkörperchen (T-Lymphozyten) im Blut – und das zum Teil noch 3 -6 Monate nach Anwendung der Hydrotherapie. Das schützte die Teilnehmerinnen der Kneipp-Gruppe zwar nicht vor Infekten der oberen Atemwege, verminderte aber die Dauer und Schwere einer Erkältung. Weitere Studien, allerdings ohne Kontrollgruppe, berichten über Verbesserungen bei allergischen Symptomen, Beschwerden im Magen-Darm-Trakt, Schmerz und polyneuropathischen Beschwerden.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat in seiner Würdigung zu Kneipps 200. Geburtstag mit Blick auf mögliche Langzeitfolgen von COVID-19-Erkrankungen für den verstärkten Einsatz auch von Naturheilverfahren geworben und will sich dafür einsetzen, die Methoden von Kneipp und Co. stärker in den wissenschaftlichen Fokus zu rücken. Was heute schon fest steht: Kaltes Wasser in welcher Form auch immer reicht nicht. Um optimal zu funktionieren, braucht das Immunsystem was unserer Gesundheit generell guttut: Gesunde Ernährung, Bewegung an der frischen Luft, Stressabbau und Zeit zum Erholen – womit wir wieder bei der ganzheitlichen Sicht von Kneipp wären.