Zuckerersatzstoffe – Sehnsucht nach gesunder Süße

Die wachsende Nachfrage nach Alternativen zu Haushaltszucker ergibt sich aus dem Wunsch, im Sinne einer gesunden Ernährung mit besserem Gewissen „süß“ zu geniessen. | Bild: Luis Echeverri Urrea – Adobe Stock

Sind Zuckerersatzstoffe wie Kokosblütenzucker oder Stevia wirklich die bessere Wahl? Das Angebot an Alternativen zu herkömmlichem Rohr- oder Rübenzucker ist riesig und unübersichtlich. Oft werden Begriffe wie Süßstoff, Zuckeraustauschstoff und Zuckerersatzstoff so verwendet, als würde es sich um ein und dieselbe Sache handeln. Nicht nur Diabetiker sind verwirrt. Auch Menschen, die einfach sich und ihrer Familie etwas Gutes tun wollen, greifen gerne zu Zuckeralternativen im Glauben, gesundheitsbewusst zu handeln. Doch stimmt das?

Hier erfahren Sie, was es mit Zuckerersatzstoffen auf sich hat:

Warum boomen Zuckeralternativen?

Zu viel Zucker ist schlecht und kann süchtig, krank und dick machen. Das weiß inzwischen schon fast jedes Kindergartenkind. Und doch fällt es uns schwer, auf Süßes zu verzichten oder Zucker zu vermeiden.

Durch die Industrialisierung der Lebensmittelproduktion nehmen wir seit Jahren viel mehr Zucker zu uns, als gut für uns ist. Während die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) seit 2019 übereinstimmend maximal 50 g Zucker pro Tag empfehlen (das entspricht etwa 12 Teelöffel), konsumieren Kinder im Durchschnitt 75 Prozent mehr Zucker als empfohlen, bei Männern sind es 30 Prozent und bei Frauen 40 Prozent. Das meiste davon findet sich nicht nur in Süßigkeiten, sondern auch in industriell verarbeiteten Produkten wie Softdrinks, Fruchtsäften oder Fertiggerichten.

Die wachsende Nachfrage nach Alternativen zu Haushaltszucker ergibt sich also aus dem Wunsch, im Sinne einer gesunden Ernährung mit besserem Gewissen „süß“ zu geniessen.

Zuckerersatzstoffe – was ist das?

  • Als Zuckerersatzstoffe bezeichnet man jede Form von Zuckeralternativen. Dieser Begriff umfasst sowohl Süßstoffe als auch Zuckeraustauschstoffe.
  • Süßstoffe enthalten praktisch keine Kalorien und sind für Diabetiker geeignet. Sie gelten als zahngesund, da sie die Vermehrung von Kariesbakterien im Mund nicht fördern. Die Herstellung von Süßstoffen erfolgt chemisch oder natürlich und ihre Süßkraft ist extrem hoch.
  • Zu den Zuckeraustauschstoffen zählen Fruchtzucker und die sogenannten Zuckeralkohole (z.B. Sorbit, Xylit, Mannitol). Süßkraft und Kaloriengehalt sind etwas geringer als die von Haushaltszucker. Der Blutzuckerspiegel wird von Zuckeraustauschstoffen weniger beeinflusst als von Zucker, da diese Kohlenhydrate insulinunabhängig verstoffwechselt werden.

Wie wirken Zuckerersatzstoffe?

Um die Zuckerersatzstoffe besser zu verstehen, ein paar allgemeine Fakten vorab. Saccharose, unser normaler Haushaltszucker, besteht aus Glucose (Traubenzucker) und Fructose (Fruchtzucker) im Verhältnis 1:1. Bei Saccharose handelt es sich also um ein Doppelmolekül, einen sogenannten Zweifachzucker oder Disaccharid.

Zwar wirken Glucose und Fructose ernährungsphysiologisch unterschiedlich, doch Honig, Kokosblütenzucker und andere Zuckeralternativen erhalten ihre Süße ebenfalls aus Glucose und Fructose. Da sich die prozentualen Anteile nur geringfügig unterscheiden, ist ihr gesundheitlicher Vorteil gegenüber herkömmlichem Zucker nur gering.

Nichtsdestotrotz lohnt es sich zu wissen, wie sich die einzelnen Zuckeralternativen voneinander und vom Haushaltszucker unterscheiden.

Die 6 beliebtesten Zuckeralternativen

  • Agavendicksaft oder Agavensirup:
    Dieser Zuckerersatz enthält zusätzlich sekundäre Pflanzenstoffe, Vitamine und Mineralstoffe. Der Kaloriengehalt entspricht in etwa dem von Honig, im Gegensatz dazu ist er jedoch für Veganer geeignet. Agavendicksaft ist 1,2-mal süßer als Zucker. Allerdings hat Agavendicksaft auch Nachteile: Zwar ist der glykämische Index (ein Maß für die Wirkung auf den Blutzuckerspiegel) etwas niedriger als der von Zucker, doch durch den hohen Fructosegehalt kann ein langer hoher Konsum die Blutfettwerte negativ beeinflussen. Dies kann sowohl zu einer Belastung der Leber (Leberverfettung) als auch zu erhöhter Insulinresistenz führen.
  • Birkenzucker:
    Bei diesem Zuckeraustauschstoff – auch Xylit genannt – handelt es sich um einen Zuckeralkohol. Die industrielle Herstellung erfolgt über einen chemischen Prozess und ist sehr aufwändig, was auch den hohen Preis erklären mag. Birkenzucker lässt den Blutzuckerspiegel nur geringfügig ansteigen und hat keinen Einfluss auf die Entstehung von Karies. Mit 240 kcal pro 100 g liefert er 40 Prozent weniger Kalorien als Zucker. Birkenzucker kann aber in großen Mengen durch seine abführende Wirkung zu Verdauungsproblemen führen.
  • Erythrit:
    Bei Erythrit handelt es sich um einen Zuckeraustauschstoff, der aus Mais oder Pilzen gewonnen wird. Verglichen mit Haushaltszucker hat er eine Süßkraft von ca. 70 Prozent. Erythrit enthält jedoch so gut wie keine Kalorien und gilt als zahnschonend. Dieses Süßungsmittel ist sehr teuer und kann bei übermäßigem Verzehr zu Blähungen und Durchfall führen.
  • Honig:
    Dieses Naturprodukt ist wohl eines der ältesten alternativen Süßungsmittel der Welt. Honig enthält viele wertvolle Inhaltsstoffe. Ihm werden entzündungshemmende, antiseptische und antibakterielle Eigenschaften nachgesagt. In der Naturheilkunde gilt Honig als Heilmittel. Mit 310 kcal pro 100 g ist er fast genauso kalorienreich wie Zucker, besitzt aber nur 80 % der Süßkraft. Auf den Blutzucker hat Honig ähnliche Auswirkungen wie normaler Zucker.
  • Kokosblütenzucker:
    Dieser Zuckerersatz wird in aufwändiger Handarbeit aus dem Nektar der Kokospalmenblüten gewonnen. Dies macht ihn zur teuersten aller Zuckeralternativen. Kokosblütenzucker enthält Magnesium, Eisen und Zink. Sein glykämischer Index ist niedriger als der von Haushaltszucker, was ihn zu einem gesünderen Zucker macht.
  • Stevia:
    Dieser Süßstoff wird aus einer Pflanze namens Süßkraut gewonnen. In der EU darf Stevia seit 2011 als Lebensmittelzusatzstoff verwendet werden. Es ist 300-mal süßer als Haushaltszucker, liefert jedoch keine Kalorien und greift die Zähne nicht an. Allerdings wird Stevia durch chemische Extraktion hergestellt und bietet keine wertvollen pflanzlichen Begleitstoffe. Der bittere Nachgeschmack ist gewöhnungsbedürftig.

Wie gesund sind Zuckerersatzstoffe wirklich?

Zwar werden die Alternativen zu herkömmlichem Zucker nicht selten als gesünder angepriesen, doch wie gezeigt: Sie sind es nicht unbedingt. Viele der Zuckerersatzstoffe enthalten einen hohen Anteil an Fructose, die in hohen Mengen nachteilige Wirkungen haben kann. Bezüglich der Kalorien macht es kaum einen Unterschied, ob wir Kokosblütenzucker, Honig oder Agavendicksaft zu uns nehmen – oder eben Haushaltszucker, der aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr gewonnen wird.

Die wahrscheinlich beste und gesündeste Lösung ist also, sich das Verlangen nach Süßem langsam abzugewöhnen. Es kann zum Beispiel helfen, wenn Sie vor dem Griff zu Süßigkeiten oder der Zuckerdose ein paar Mal ruhig durchatmen und sich fragen: „Brauche ich den Zucker jetzt tatsächlich? Was brauche ich eigentlich?“ Oft werden Sie feststellen, dass es sich um eine reine Ersatzbefriedigung handelt. Die beste Wahl, den Durst statt mit Fruchtsäften oder Softdrinks zu stillen, bleibt das Wasser.

Extratipp:
Auch eine Prise Salz kann hilfreich sein. Wenn Sie eine Prise davon über Ihre Speisen streuen, benötigen Sie weniger Süssungsmittel, um Ihren Speisen die gewünschte Süsse zu verleihen. Denn Salz sorgt für eine verbesserten Fähigkeit des Gehirns, das Geschmacksempfinden “süss” zu verarbeiten.