Stress im Straßenverkehr – hängt auch von der Rolle der Fahrer ab

Den Bürostress sollte man nicht mit ins Auto nehmen, sondern sich eine kurze Auszeit gönnen.

Stress im Straßenverkehr kennt jeder. Wer jedoch den Kopf verliert, erhöht das Unfallrisiko für sich und andere. | Bild: nandyphotos – Fotolia

Stress im Straßenverkehr kennt jeder: Man fährt auf der Autobahn auf der linken Spur bei 130 km/h. Auf der rechten Spur kleben die LKW mit zu kleinen Abständen aneinander. Diese ist also keine Option, man würde sofort ausgebremst. Bleibt man hingegen mit Richtgeschwindigkeit links, hängt einem früher oder später der Hintermann gefährlich nahe am Heck.

Aber auch das gegenteilige Szenario als Hintermann dürfte jedem vertraut sein: der Fahrer vor einem fährt viel langsamer als man selbst und scheint seit Kilometern unwillig, einen mal eben schnell vorbeizulassen. Das Überraschende an diesem Interessenkonflikt haben Forscher der Universität Nürnberg im Simulatortest mit Autofahrern jetzt herausgefunden: Das Rechtsfahrverhalten der Testpersonen war im Straßenverkehr derart schwach ausgeprägt, dass über die Hälfte der Testkandidaten sich selbst behindern würden, wenn sie mit sich selbst konfrontiert worden wären. Per se gibt es den aggressiven Fahrer oder den Schleicher also nicht, denn der Fahrstil hängt auch von der Rolle ab, die ein Fahrer im Straßenverkehr einnimmt.

Das lesen Sie in diesem Artikel:

Stagnation auf Deutschlands Straßen
Häufigste Unfallursache im Straßenverkehr: Menschliches Fehlverhalten
Diese Autofahrertypen begegnen Ihnen im Straßenverkehr
Anonymität im Straßenverkehr als Freibrief
Stress im Straßenverkehr – Tipps

Stagnation auf Deutschlands Straßen

Die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland ist seit den 70er Jahren kontinuierlich gesunken – bis zum Jahr 2010. Seitdem haben sich die Opferzahlen nicht mehr wesentlich verringert. 3210 Menschen verloren im Jahr 2017 laut ersten Analysen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) bei Verkehrsunfällen ihr Leben. Ein Grund für die nach wie vor hohen Opferzahlen ist sicherlich auch das hohe Stresspotenzial auf Deutschlands Straßen, welches das Unfallrisiken erhöht.

Häufigste Unfallursache im Straßenverkehr: Menschliches Fehlverhalten

Menschliches Fehlverhalten ist weiterhin die Unfallursache Nr. 1. Ein gewichtiger Anteil dieses Fehlverhaltens entfällt auf Zeitmangel, das erhöhte Verkehrsaufkommen, Stress und – daraus resultierend – ein gestiegenes Aggressionspotenzial. Doch was führt überhaupt dazu, dass Menschen im Straßenverkehr immer mehr Stress empfinden? Verkehrspsychologen sehen hier die zunehmende Beschleunigung und Reizintensivierung des Alltags als einen wichtigen Faktor. Der Bürostress kann aus Zeitmangel oft nicht abgebaut werden, da wir direkt nach der Arbeit unter Zeitdruck ins Auto steigen. Der Ärger des Arbeitstages wird dann über den Fahrstil abreagiert. Zudem sorgen Smartphones für ein deutlich erhöhtes Ablenkungspotenzial. Es wird unmöglich, sich voll auf den Verkehr zu konzentrieren. Zu diesen Umständen gesellt sich noch die steigende Verkehrsdichte. Dabei sind Freitagabende besonders kritisch, da die Ungeduld, endlich am Ziel anzukommen, dann besonders groß ist. Diese äußeren Faktoren führen uns schneller an unsere Belastungsgrenze, sodass wir mit Stresssymptomen wie Herzrasen, Kaltschweißigkeit und einer beschleunigten Atmung reagieren, und eher bereit sind, andere zu nötigen.

Diese Autofahrertypen begegnen Ihnen im Straßenverkehr

Wenn man verschiedene Autofahrertypen kennt und einzuschätzen weiß, kann so mancher Stress vermieden werden

Der Autofahrertyp „Besserwisser“ beschimpft vermeintlich inkompetente Akteure im Straßenverkehr aus seinem Wagen heraus | Bild: Cara-Foto – stock.adobe.com

Aber es gibt noch einen anderen wichtigen Ansatz: Autofahren kann als anonymisierte Fortsetzung der Persönlichkeit eines Menschen betrachtet werden. Die Persönlichkeit ist es, die bestimmte Verhaltensmuster bedingt. Die Sozialpsychologen der London School of Economics and Political Science (LSE) konnten gleich sieben Persönlichkeitstypen hinterm Steuer ausmachen:

  1. Der Belehrende, der anderen Fahrern ihre Fehler aufzeigt und dafür Anerkennung erwartet
  2. Der Besserwisser, der vermeintlich inkompetente Verkehrsteilnehmer aus seiner Fahrgastzelle beschimpft
  3. Der Wettkämpfer, der immer vorne sein möchte und das Prinzip des Einfädelns unterwandert
  4. Der Bestrafer, der auf „Gerechtigkeit“ aus ist und eventuell andere Fahrer direkt mit ihrem Fehlverhalten konfrontiert
  5. Der Philosoph, der Fehlverhalten rational zu erklären versucht und akzeptiert
  6. Der Vermeider, der sich von potenziellen Gefahren lieber fernhält
  7. Der Aussteiger, der sich mit Musik oder Telefonaten vom Verkehrsgeschehen ablenkt

Unter Stress können einige dieser Fahrertypen für gefährliche Situationen sorgen. Der sportliche Fahrstil des Wettkämpfers, gepaart mit seinem Hang zur Selbstüberschätzung, führt hohe Risiken herbei. Dieses Verhalten stresst nicht nur ihn selbst, sondern nötigt auch andere Verkehrsteilnehmer. Dabei spielt ebenfalls eine Rolle, ob dieser Fahrertypus ein sogenannter „Sensation Seeker“ ist, der starke Reize sucht und bevorzugt. Oft sind es männliche Fahrer und Oberklassefahrzeuge, die wegen Nötigung angezeigt werden, wie eine empirische Untersuchung der Universität Nürnberg ergeben hat. Wer sich viel mit seinem Auto beschäftigt, viel Geld dafür ausgibt und an anderer Stelle wenig Gelegenheit hat, Selbstbestätigung zu erfahren, für den wird Autofahren zu einer existenziellen Frage.

Aber auch Belehrende, die aus Prinzip den Weg versperren oder Bestrafer, die es dem anderen „zeigen wollen“, sorgen für Aggression im Verkehr. Wer seinen Willen nicht durchsetzen kann, sieht sich schnell in der Opferrolle und wird zunehmend aggressiv. Dabei sind durchaus Parallelen zwischen Lebensstil und Fahrstil auszumachen. Wer im Alltag impulsiv handelt und sich öfters mal daneben benimmt, setzt sich tendenziell auch leichter über Vorschriften im Verkehr hinweg.

Anonymität im Straßenverkehr als Freibrief

Beim Autofahren scheint ein ähnlicher Prozess ausgelöst zu werden, wie im Web 2.0: Die gefühlte Anonymität der Teilnehmer sorgt dafür, dass der soziale Kontrollmechanismus versagt. Autofahrer leben also stärker negative Emotionen aus, weil sie sich unbeobachtet und in ihrem Fahrzeug vor den Konsequenzen sicher fühlen.

Stress im Straßenverkehr – Tipps

Wer permanent Stress empfindet, tut gut daran, etwas für die psychische Entlastung zu tun, zum Beispiel mit homöopathischen Mitteln, wie beispielsweise Calmvalera Hevert. Zwar sollte das zugrundeliegende Problem aufgedeckt und behoben werden. Trotzdem sind für viele Menschen stressreiche Situationen nicht so leicht zu vermeiden. Sie können jedoch ihren Umgang mit diesen Situationen verändern. Achten Sie auf folgende Faktoren, wenn Sie unter verkehrsbedingtem Stress leiden:

  • Vermeiden Sie Fahrten nach belastenden Situationen oder langen Stressphasen, wie etwa auf der Arbeit. Bringen Sie sich zum Beispiel mit einem kurzen Spaziergang vor der Autofahrt in eine entspannte Grundhaltung
  • Nehmen Sie den Ärger aus dem Büro nicht mit auf die Straße, sondern beschäftigen Sie sich kurz mit etwas anderem, um auf neue Gedanken zu kommen
  • Fahranfänger verzichten besser auf Ablenkungen wie Radio oder Essen
  • Planen Sie regelmäßige Pausen ein
  • Rechnen Sie von vorn herein damit, dass nicht alles nach Plan verläuft. Wer Zeitreserven einkalkuliert, die Strecke gut plant und Verkehrsinformationen nutzt, um schon vorher über Staus Bescheid zu wissen, kann entspannter reagieren
  • Fahren Sie vorausschauend und lassen Sie sich durch das problematische Fahrverhalten anderer nicht aus der Ruhe bringen. Dieses Problem haben nicht Sie – sondern der andere.

>Sehen Sie hier unser Dossier zum Thema Stress



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