Klaustrophobie: Wenn Enge Angst macht

Warum bei manchen Menschen etwas so harmloses wie zum Beispiel eine Fahrstuhlfahrt Panikattacken auslösen kann, ist noch nicht geklärt. Eine Behandlungsstrategie gibt es aber. Und: je früher man den Arzt aufsucht, desto größer ist die Chance, die Klaustrophobie unter Kontrolle zu bekommen.

Durch eine Phobie wird die Lebensqualität stark belastet. Denn selbst etwas so Alltägliches wie eine Fahrstuhlfahrt kann für den Klaustrophobiker zur Herausforderung werden. | Bild: alexshutter95 – Fotolia

Fahrstühle, Tunnel, U-Bahnen oder das eigene Auto: Für manche Menschen ist der Gedanke daran der blanke Horror. Sie leiden an der Angst vor engen, geschlossenen Räumen. Die Angststörung heißt Klaustrophobie. Umgangssprachlich wird die Klaustrophobie oft mit der Platzangst (Agoraphobie) verwechselt. Woher sie kommt, ist nicht abschließend geklärt. Sicher ist nur: Die Klaustrophobie ist gut behandelbar.

Das lesen Sie in diesem Artikel:

Definition: Klaustrophobie und Agoraphobie (Platzangst) nicht verwechseln
Symptome der Klaustrophobie: Atemnot, Herzrasen, Schwitzen
Ursachen für Klaustrophobie?
Wann sollten Sie zum Arzt?
Behandlung der Klaustrophobie
Klaustrophobie – Was kann man selbst tun?

Klaustrophobiker können keinen Fahrstuhl betreten aus Angst zu ersticken, im Kino suchen sie immer den Platz am Rand neben dem Ausgang, in der U-Bahn bekommen sie Schweißausbrüche und Herzrasen im Flugzeug. Der Drang, sofort den Ort verlassen zu müssen, ist groß. Mitunter löst schon der Gedanke an enge Räumlichkeiten starke Angstgefühle aus. Wie viele Menschen von einer echten Klaustrophobie betroffen sind, ist nicht genau bekannt. Denn Scham hält oft davon ab, sich Hilfe zu suchen. Stattdessen schützt man sich vor der Angst, indem die angstauslösenden Situationen gemieden werden. Doch während es noch leicht fällt, statt dem Fahrstuhl die Treppe zu nehmen oder Tunnel zu umfahren, kann die Vermeidung von Flugreisen Berufstätige, die reisen müssen, den Job kosten. Wann die Klaustrophobie das Leben zu sehr einschränkt, muss jeder selbst entscheiden. Doch je früher man sich professionelle Hilfe holt, desto besser. Denn im weiteren Verlauf können immer mehr Situationen von diesem Vermeidungsverhalten betroffen sein.

Definition: Klaustrophobie und Agoraphobie (Platzangst) nicht verwechseln

Agoraphobie: Platzangst ist die Angst vor weiten Plätzen oder Menschengedränge

Die Angst vor engen Räumen (Klaustrophobie) wird im Alltag oft mit der Platzangst (Agoraphobie) verwechselt, bei der Menschen Angst vor großen Plätzen haben. Bild: Obscura | Fotolia

Die Zahl der Menschen mit einer Klaustrophobie schätzen Experten auf fünf bis sieben Prozent der Bevölkerung in Deutschland. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Definition:  Klaustrophobie wird als Angst vor der Enge definiert. Das lateinische Wort „claustrum“ bedeutet Riegel, Schloss, Käfig. Im Alltag verwechseln viele Menschen die Klaustrophobie allerdings mit der Platzangst. Während Klaustrophobiker Angst in engen Räumen oder in Menschenmassen haben, ist es bei der Platzangst, auch Agoraphobie genannt, genau andersherum. Betroffene haben Angst über einen großen Platz zu gehen.

Symptome der Klaustrophobie: Atemnot, Herzrasen, Schwitzen

Phobien (griechisch „phobos“ = Furcht) zählen zu den krankhaften Angststörungen. Die Klaustrophobie wiederum gehört zu den spezifischen Phobien. Das bedeutet, die Angst wird durch einen bestimmten, an sich ungefährlichen Reiz wie enge Räume, große Höhe oder Spinnen, ausgelöst. Bei solchen Phobien reicht ein Blick auf den Angstauslöser, schon überschwemmen Stresshormone den Körper. Das sympathische Nervensystem versetzt den Körper in Alarmzustand. Die Angstreaktion und die daraus entstehenden körperlichen Symptome wie Herzrasen, Atemnot, Schweißausbrüche oder Brustschmerzen sind Folgen dieser Stressreaktion. Sie soll das Überleben sichern, indem sie uns auf Flucht oder Angriff programmiert: Der Atem beschleunigt sich, Puls und Blutdruck steigen an, die Leber produziert mehr Blutzucker, die Milz setzt mehr rote Blutkörperchen frei, für eine bessere Sauerstoffversorgung der Muskeln, die Muskelspannung steigt. Um Energie zu sparen, laufen für die Flucht oder Angriff nicht benötigten Funktionen wie Verdauung und Sexualfunktionen auf Sparflamme. Die Angstreaktion kann mehrere Minuten bis Stunden dauern. Nach dem Höhepunkt der Attacke gehen die Symptome nach und nach zurück.

Die Definition für Klaustrophobie ist Angst vor engen Räumen. Nicht zu verwechseln mit der Platzangst, bei der Betroffene Angst vor weiten Plätzen oder Menschengedränge haben.

Bei einer Klaustrophobie sollte man nicht warten bis die Symptome unerträglich werden. Ohne professionelle Hilfe kann diese sich auf immer mehr Situationen ausweiten. | Bild: marcinmaslowski – Fotolia

Ursachen für Klaustrophobie?

Warum manche Menschen in an sich harmlosen Situationen wie engen Räumen krankhafte Angst verspüren, ist bislang nicht endgültig geklärt. So können Ängste vor bestimmten Situationen gemäß dem lerntheoretischen Ansatz erlernt werden. Durch eine schlechte Erfahrung lernt der Betroffene zunächst die Angst vor einer bestimmten Situation. Wird diese Situation von da an vermieden, bleibt der angstauslösende Charakter bestehen. Auch können Ängste von den Eltern übernommen werden.

Der tiefenpsychologische Ansatz geht dagegen davon aus, dass ungelöste innere Konflikte zu einer Angststörung führen können. Betroffen sind vermutlich vor allem Menschen, die während ihrer Entwicklung den Umgang mit normalen Ängsten nicht gelernt haben.

Die neurobiologische Theorie dagegen sagt, dass die Veranlagung zu Angsterkrankungen angeboren ist. Darauf weisen Studien mit Zwillingen hin. Die Erforschung der genetischen Ursachen von Phobien steckt aber noch in den Kinderschuhen. Zumindest für die soziale Phobie haben Forscher der Universität Bonn unlängst Hinweise auf ein Gen gefunden, das mit der Erkrankung vermutlich in Zusammenhang steht. Es kodiert im Gehirn einen Transporter für Serotonin – einen Botenstoff, der Angstgefühle dämpft. Neben einem Ungleichgewicht verschiedener Botenstoffe im Gehirn scheint auch das autonome Nervensystem eine Rolle zu spielen. Es reguliert die einzelnen Funktionen der inneren Organe und damit z. B. die Atmung und den Blutdruck. Neurobiologen vermuten, dass das autonome Nervensystem von Angstpatienten von Geburt an leichter erregbar ist. Auch der für die Verarbeitung von Gefühlen zuständige Teil des Gehirns, das limbische System, scheint bei der Entwicklung von Erkrankungen wie der Klaustrophobie eine Rolle zu spielen.

Sicher ist jedoch, dass es nicht die eine Ursache gibt, sondern immer mehrere Faktoren an der Entwicklung einer Angststörung beteiligt sind. In vielen Fällen gehen auch einschneidende Lebensereignisse wie der Tod eines nahestehenden Menschen, eine Trennung oder der Verlust des Arbeitsplatzes voraus.

Wann sollten Sie zum Arzt?

    Behandlungsbedürftig sind Ängste wie die Klaustrophobie, wenn einer oder mehrere der folgenden Punkte zutreffen:

  • Die Angst ist übermäßig stark und kann aus eigener Kraft nicht bewältigt werden.
  • Dauer und Häufigkeit der Angstzustände nehmen zu.
  • Immer mehr Situationen lösen Angst aus.
  • Die Lebensqualität und die Aktivitäten im Alltag sind stark eingeschränkt.

Wer derartige Anzeichen bei sich feststellt, sollte den Arztbesuch nicht lange hinauszögern. Denn: Je früher eine Klaustrophobie behandelt wird, desto größer ist die Chance, die Erkrankung rasch in den Griff zu bekommen. Keine Lösung sind Medikamente oder Alkohol. Beides ist für den Körper sehr belastend und kann schnell in eine Abhängigkeit führen.

Behandlung der Klaustrophobie

Eine vielversprechende Therapie der Klaustrophobie ist die Verhaltenstherapie. Dabei kommen unterschiedliche Methoden zum Einsatz. Am bekanntesten ist das Expositionsverfahren. Dabei wird der Patient mit der angstauslösenden Situation konfrontiert – zu Beginn in der Vorstellung, später dann real. Dabei soll die Erfahrung gemacht werden, dass die befürchtete Katastrophe ausbleibt, und dass die Angst von alleine wieder abnimmt. Diese Erfahrung wird vom Gehirn abgespeichert. Das wird so lange praktiziert, bis bei der Konfrontation mit der angstauslösenden Situation die Angst deutlich nachlässt. Bei der kognitiven Verhaltenstherapie werden dagegen angstauslösende Verhaltensmuster, Gedanken und Gefühle bewusst gemacht. Durch gezielte Übungen werden sie dann nach und nach verändert.
Eine weitere Therapiemöglichkeit ist, in einer Psychotherapie den der Angst möglicherweise zugrundliegenden inneren Konflikt zu erkennen und ihn zu bewältigen.

Unterstützend können auch Medikamente wie Antidepressiva helfen. Bei sehr großer Angst sind auch Beruhigungsmittel wie Benzodiazepine eine Option. Da sie schnell abhängig machen können, dürfen sie nur unter ärztlicher Aufsicht und für kurze Zeit eingenommen werden. Je nach Schwere der Störung können Phytopharmaka hier eine weitaus verträglichere und ebenso wirksame Alternative sein. Wie durch Studien belegt ist, wirken insbesondere Baldrian, Passionsblume und Melisse sowohl beruhigend als auch angstlösend. Da sich die Inhaltsstoffe dieser Pflanzen in ihrer Wirkung gegenseitig unterstützen, ist die beruhigende und angstlösende Wirkung von Kombipräparaten wie Valeriana Hevert Beruhigungsdragees der Wirkung eines Einzelwirkstoffs wie z. B. reinem Baldrian überlegen. Baldrian und Passionsblume sind auch in homöopathischen Komplexmitteln wie Calmvalera Tabletten oder Calmvalera Tropfen enthalten.

Klaustrophobie – Was kann man selbst tun?

Vielen Phobikern hilft es, eine Entspannungsmethode zu erlernen. Infrage kommen spezielle Atemübungen, aber auch Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Das erfordert etwas Geduld, aber wer eine entsprechende Technik beherrscht, kann seine Angst damit in den Griff bekommen.
Hilfreich ist auch ein generell gesunder Lebensstil. Sport baut Stress ab und fördert einen erholsamen Schlaf. Das wirkt sich auch auf die psychische Stabilität positiv aus.

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