Gesund wohnen – ohne Schadstoffe und Umweltgifte
Bei unserer Ernährung legen wir Wert auf gesunde Produkte, bei der Art, wie wir wohnen, oft nicht. Wer weiß schon, welche Schadstoffe, Pestizide, Lösungsmittel und sonstige Umweltgifte sich in den eigenen vier Wänden verstecken? Gesund bleiben heißt auch, beim Renovieren der Wohnung und Streichen der Wände auf umweltfreundliche, natürliche Farben, Lacke und Baumaterialien zu achten.
„Wie wir bauen und wohnen, beeinflusst ganz erheblich die Qualität unserer Gesundheit und Umwelt“, weiß der ehemalige Präsident des Bundesumweltamtes, Prof. Dr. Andreas Troger. Etwa 15 bis 20 Prozent der deutschen Bevölkerung erleiden allergische Kontaktreaktionen, etwa gegen Konservierungsmittel, die den dritten Rang unter den allergieauslösenden Stoffen einnehmen. (WaBoLu 01/04)
In einer 2003 veröffentlichen Studie der Universität von West Georgia (USA) reagierten von den zufällig ausgewählten 1.582 Personen 12,6 Prozent überempfindlich auf Alltagschemikalien – Stoffe wie Pestizide, Lösungsmittel, Baumaterialien oder Produkte auf Erdölbasis. Bezogen auf die USA sind das rund 36,5 Millionen Amerikaner, die an einer multiplen Chemikalien-Sensitivität (MCS) leiden. Hauptauslöser der Überempfindlichkeit waren Pestizide und Lösungsmittel (Caress SM et al, 2013). Wenn Sie jetzt denken, davon seien nur Menschen in der Landwirtschaft und der Industrie betroffen, irren Sie. Umweltgifte sind längst in Büro- und Wohnräume eingezogen.
Innenraumdiagnostiker und Baubiologen finden die Schadstoff-Quelle
Die meisten von uns verbringen heutzutage gut und gerne 80 Prozent ihrer Zeit in geschlossenen Räumen. Da wirkt es sich natürlich auf unsere Gesundheit aus, wenn wir mit Umweltgiften – wir sprechen hier von Wohngiften – konfrontiert sind. Wer denkt schon daran, dass der Schlafzimmerschrank aus Holzspanplatten gefertigt ist, die zu 50 Prozent aus Kleber bestehen und die Hälfte davon Formaldehyd ist. Methanal, so der chemische Name von Formaldehyd, strömt oft jahrelang seine giftigen Dämpfe aus. Es ist außerdem als Konservierungsmittel in Lacken, Farben, Kunstharzen und Teppichböden enthalten.
Das ständige Einatmen von Formaldehyd kann zu Kopfschmerzen, Schleimhautreizungen, Atembeschwerden bis hin zu Asthma und Allergien führen. 2004 wurde es von der Weltgesundheitsorganisation als krebserregend eingestuft. Wer wissen will, ob und wo in seiner Wohnung Formaldehydquellen vorhanden sind, kann sich bei einem Innenraumdiagnostiker nach Raumlufttests erkundigen (Adressen der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute finden Sie auf www.agoef.de). Auch Baubiologen sind zuständig für einen Wohnungs-Check auf Gesundheitsgefährdung. Unter www.baubiologie.net kann nach Postleitzahlen sortiert ein Experte in Wohnortnähe gesucht werden.
Umweltgifte und wo sie sich in der Wohnung überall verbergen können
Weitere Gefahrenquellen in der Wohnung sind Möbel, die mit bleihaltigen Farben gestrichen sind. Folgen einer Bleibelastung sind Nervenschäden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert daher den Verzicht auf Bleifarben. Auch die Warnung des Bundesinstituts für Risikobewertung von 1989, dass Holzschutzmittel nicht in Innenräumen verwendet werden sollen, gilt weiterhin, denn die Selbstverpflichtung der für die Herstellung von Holzschutzmitteln verantwortlichen Verbände führte nicht dazu, dass nur noch verlässlich qualitätsgeprüfte Mittel in den Verkauf gelangen. Auch bei Teppichböden enthält die beschichtete Unterseite häufig einen Giftmix aus Weichmachern, Insektiziden, Binde- und Lösungsmitteln. Bei Polstermöbeln können die verwendeten Schaumstoffe Gefahrenquellen bergen, denn sie werden oftmals mit Insektiziden und Flammenschutzmitteln imprägniert.
Bei Neuanschaffungen und beim Renovieren auf geprüfte Naturprodukte achten
Natürlich können wir nicht auf einen Schlag alles, was der Gesundheit abträgliche Schadstoffe enthält, entsorgen. Aber wir können bei Neuanschaffungen oder Renovierungsarbeiten darauf achten, Produkte zu wählen, die keine beziehungsweise wenige Schadstoffe beinhalten. Da wir viel Zeit innerhalb von Wohnräumen verbringen, ist es nicht ganz unerheblich, mit welchen Materialien diese ausgestattet beziehungsweise mit welchen Farben sie gestrichen werden. Selbst Wandfarben, die als umweltfreundlich gelten, wie etwa Dispersionsfarbe, können für sensible Menschen ein Problem darstellen. Sie werden oftmals zur Vermeidung von Schimmelbefall mit Konservierungsmitteln, die Isothiazoline enthalten, versetzt, was zu Hautreizungen führen kann. Auch Formaldehyd oder Formaldehyderivate sind in Wandfarben anzutreffen, die nicht nur beim Streichen, sondern auch noch danach eine Gesundheitsgefährdung darstellen. Bei natürlichen Farben sind solche Probleme weitestgehend ausgeschlossen.
Achten Sie beim Kauf von Wandfarben daher auf Naturfarben, die mit einer Volldeklaration aller Inhaltsstoffe ausgestattet sind. Vorsicht ist geboten bei Inhaltsstoffen wie Mikrowachsen, Nanopartikeln oder Isoaliphaten, diese kommen in der Natur nicht vor.
Gütesiegel für umweltfreundliche Baumaterialien ohne Schadstoffe
Auch wenn das alles sehr kompliziert klingt, müssen Sie kein Baubiologe oder Chemiker sein, um Ihre Wohnumgebung mit Naturmaterialien auszustatten. Es gibt Gütesiegel, die Ihnen dabei helfen, schadstofffreie oder zumindest schadstoffarme Produkte für Ihre Wohnung zu kaufen. Dazu gehören das GS-Zeichen „Geprüfte Sicherheit“, das Möbel gemäß dem Gerätesicherungsgesetz überprüft, das RAL-Zeichen „Goldenes M“, das schadstoffarme Möbel und Matratzen kennzeichnet, der „Blaue Engel“ des Bundesumweltamtes, der schadstoffarme Produkte auszeichnet, die „Euro-Blume“, die Produkte mit reduziertem Schadstoffgehalt kenntlich macht sowie das Siegel des „Eco-Institut“, das Bauprodukte, Holz, Möbel und Matratzen auf ihre Schadstoffarmut überprüft. Sie können sich aber auch beim Naturbaustoffhandel sowie den baubiologischen Beratungsstellen informieren lassen.
Eine Entscheidung für nachweislich ökologisch hergestellte Produkte steigert nicht nur das Wohlfühlen in den eigenen vier Wänden, es ist auch ein Beitrag zu einem gesünderen Leben und zum Schutz der Umwelt.
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