Folgen des Klimawandels: verändert er die Pflanzen?

Der Klimawandel hat zahlreiche Folgen: Hitzewellen, intensive Niederschläge, Überschwemmungen. Auch die Pflanzenwelt kämpft mit den Auswirkungen des Treibhauseffektes

Der Klimawandel hat zahlreiche Folgen: Hitzewellen, intensive Niederschläge, Überschwemmungen. Auch die Pflanzenwelt kämpft mit den Auswirkungen des Treibhauseffektes. | Bild: Smileus – Fotolia

2014 war ein Jahr der Rekorde, jedenfalls was das Klima angeht: Die Wetterdienste vermeldeten den weltweit wärmsten Mai, Juni, August und September seit Beginn der Klimaaufzeichnungen im Jahr 1880 und auch September, Oktober und November dürften sich weit oben auf der Temperaturskala einreihen. Die gegenwärtige Klimaerwärmung ist größtenteils vom Menschen gemacht – mit weitreichenden Folgen. Seit der Industrialisierung ist die Emission von Kohlendioxid ständig gestiegen – mit weitreichenden Folgen für Menschen, Tiere und Pflanzen. Wissenschaftler der London School of Hygiene and Tropical Medicine sagen für 2050 einen Anstieg der Hitzetoten in England um 257 Prozent voraus. Immer mehr Zugvögel sparen sich schon heute den Flug nach Afrika und weichen bei Kälteeinbrüchen nur noch bis Südeuropa aus. Und last, but not least wirken sich die wärmeren Temperaturen auch auf die Pflanzen aus und können ihre Heil- und Nährkraft beeinträchtigen.

Auswirkungen des Klimawandels

„Höhere Maximumtemperaturen führen zu einer höheren Sterblichkeit älterer Menschen. Bei mehr heißen Tagen und Hitzewellen drohen Ernteausfälle. Mehr und intensivere Niederschläge führen zu mehr Erosion und Schäden mit zunehmenden Versicherungskosten. Wir werden weniger Heizenergie, aber mehr Energie zur Klimatisierung benötigen. Der Anstieg des Meeresspiegels wird Konsequenzen für Küstenländer, Inselstaaten und Flussdelta-Gebiete haben“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zu den Folgen des Klimawandels

Woher die Klimaerwärmung kommt

Die Erde ist von einer gasförmigen Schicht, der Atmosphäre, umgeben, die hauptsächlich aus Wasserdampf (H2O), Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) besteht. Diese Treibhausgase fangen die langwellige Abstrahlung der Erdoberfläche stärker ab als die kurzwelligen Sonnenstrahlen, weshalb sich die untere Atmosphäre erwärmt. Ohne diesen „Treibhauseffekt“ wäre auf der Erde kein Leben möglich, da der Temperatur-Mittelwert auf der Erde geschätzte 32 Grad kälter wäre. Problematisch ist jedoch der seit der Industrialisierung steigende Ausstoß von Kohlendioxid, der 2013 mit Spitzenwerten von 400 ppm (Teile pro Million) den höchsten Stand seit 15-20 Millionen Jahren erreicht hat. Die Folge ist eine kontinuierliche Erwärmung der unteren Erdatmosphäre.

Klimawandel mit Folgen: mehr Hitzewellen, weniger Eistage

Seit 1951 ist in Deutschland die Zahl der heißen Tage mit Temperaturen über 30 Grad von rund drei auf ca. acht im Mittel pro Jahr gestiegen. Gleichzeitig sank die Anzahl der Tage mit Dauerfrost von rund 28 Tagen auf ca. 21 Tage im gleichen Zeitraum. Aufgrund der milden Temperaturen im diesjährigen Herbst und der Prognosen für die Monate Dezember und Januar hat der Deutsche Wetterdienst den Winteranfang korrigiert: Statt am 22. Dezember 2014 soll er am 22. Februar 2015 beginnen. Da der Frühlingsanfang nicht verschoben wurde, hieße das, der Winter dauert nur einen Monat!

Seit 1951 sank in Deutschland die Anzahl der Tage mit Dauerfrost von etwa 28 Tage auf circa 21 Tage

Seit 1951 sank in Deutschland die Anzahl der Tage mit Dauerfrost von etwa 28 Tage auf circa 21 Tage. | Bild: K.-U. Häßler – Fotolia

Weltweit ist schon heute ein Anstieg der Wetterextreme spürbar: Mehr Überschwemmungen, mehr Dürreperioden, mehr Wirbelstürme, von denen mittlerweile auch die gemäßigten Klimazonen betroffen sind. Da wärmere Luft mehr Wasser aufnehmen kann, wird mit einem intensivierten Wasserkreislauf der Erde gerechnet. Prognosen besagen, dass die Trockengebiete der Erde noch trockener werden und sich potenziell ausweiten und die Überschwemmungen in den bereits heute gefährdeten Regionen weiter zunehmen werden.

Die Auswirkungen des Klimawandels auf das Ökosystem: Pflanzen und Tiere bedroht

Welche Auswirkungen die Klimaerwärmung auf das Ökosystem hat, ist schwieriger vorherzusagen. Experten gehen aber davon aus, dass die Folgen des Klimawandels dramatisch sein könnten. Die Gefahr besteht, dass sich bei einer fortschreitenden Klimaerwärmung Pflanzen und Tiere nicht mehr an die veränderten Lebensbedingungen anpassen können. Bei besonders empfindlichen Systemen werden schon heute Veränderungen sichtbar. So wird beispielsweise das massenhafte Ausbleichen der Korallenriffe durch die Erwärmung der Ozeane verursacht. In den tropischen Hochlandwäldern erfolgt wegen des Temperaturanstiegs die Nebelbildung in immer größeren Höhen. So wurde beispielsweise im Monteverde-Regenwald in Costa Rica beobachtet, dass zahlreiche Pflanzenarten durch Austrocknung aussterben. Besonders betroffen sind die arktischen und alpinen Lebensräume: Der schwindende Lebensraum für Eisbären ist dafür ein ebenso bekanntes wie besorgniserregendes Beispiel.

Die Folgen des Klimawandels auf Kulturpflanzen

Pflanzen reagieren auf den Klimawandel mit zwei Anpassungsstrategien: Flucht in kältere Regionen oder Umstellung auf den neuen Lebenszyklus. Die Temperaturerhöhung von durchschnittlich 1,7 Grad gegenüber 1900, vor allem die wärmeren Winter und Nächte, lassen die Pflanzen früher austreiben. Die häufigeren und stärkeren Hitzeperioden erzeugen auch bei Pflanzen Hitzestress, der den Ertrag sinken lässt. Da Pflanzen Kohlendioxid für die Photosynthese brauchen, geht man davon aus, dass mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre wie eine Düngung wirkt und zu einem gesteigerten Pflanzenwachstum führt. Von der Forschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig durchgeführte Feldversuche mit erhöhter Kohlendioxid-Belastung an Wintergerste, Winterweizen, Weidelgras und Zuckerrüben zeigten Wirkung auf das Pflanzenwachstum, jedoch geringer als erwartet. In allen Untersuchungen kam es jedoch zu einem deutlichen Qualitätsverlust der Kulturpflanzen: So war der Gehalt an Stickstoff und Inhaltsstoffen wie Zucker, Vitaminen, sekundären Pflanzenstoffen in den Pflanzen, den Früchten und im Samen umso geringer je höher die Kohlendioxid-Belastung.

In der Versuchsanstalt der Technischen Universität München in Garching wurde der Weizen aus dem Brauschweiger Feldversuch zu Brotmehl verarbeitet. Das Mehl enthielt 20 Prozent weniger Proteine. Dass auch der Gehalt an Vitaminen und mineralischen Spurenelementen zurückgehen könnte, wurde in weiteren Untersuchungen bestätigt.

Wiener Wissenschaftler befassten sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf 150 Hochgebirgspflanzen wie Edelweiß, Enzian, Alpenglöckchen und verschiedenen Primelarten. Aufgrund der Klimaentwicklungsprognosen des Intergovernmental Panel of Climate Change (IPPC) gehen sie davon aus, dass die Alpenpflanzen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts 44 bis 50 Prozent ihres Lebensraums verloren haben, da sie immer höhere Standorte besiedeln müssen, um zu überleben. Da irgendwann die Vegetationsgrenze erreicht ist, muss damit gerechnet werden, dass viele Alpenpflanzen langfristig aussterben.

Artensterben bei Wildpflanzen und Qualitätsverlust bei Kulturpflanzen

Wenn die Hochgebirgspflanzen, unter denen es viele Heilpflanzen gibt, in ihrer Existenz bedroht sind, hat das Auswirkungen auf Tiere und Menschen. Tierarten werden aussterben, weil ihnen zunehmend die Nahrung entzogen wird. Menschen müssen erst mit einer Verteuerung der Heilmittel rechnen, die aus Pflanzen der Hochgebirgsregionen stammen wie zum Beispiel Wacholder, später womöglich mit einem Verlust dieser Heilmittel. Wird der Gehalt an Inhaltsstoffen bei Kulturpflanzen geringer, ist die Ernährung der Menschen betroffen. Eine Verknappung der Inhaltsstoffe wird dann entweder durch Erweiterung der Anbaufläche und/oder Ertragssteigerung durch Düngen kompensiert – beides ist nur begrenzt möglich und nicht wirklich wünschenswert! Auch hier ist eine Verteuerung der Lebensmittel wahrscheinlich. Für die Herstellung von Arzneistoffen aus Heilpflanzen müssen entweder noch bessere Auszugsverfahren oder die Vergrößerung der Anbauflächen geschaffen werden, um den Verlust an Inhaltsstoffen auszugleichen. Das wird auch die Herstellung der Arzneimittel teurer machen.

Klimaveränderung in den Tropen

Während die Auswirkungen der Rodung großer Teile des Regenwaldes gut untersucht und bekannt sind, gibt es bislang noch wenige Informationen zu den Folgen des Klimawandels in den tropischen Wäldern. Aus einer Langzeitstudie zu Gebieten in Panama und Malaysia ist jedoch bekannt, dass das Wachstum der Bäume von klimatischen Veränderungen beeinflusst wird. Erhöhte Temperaturen führten zu einem geringeren Baumwachstum. Szenarien über die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf den Regenwald sind beängstigend. Bei einer Verdopplung der Kohlendioxid-Emission gehen Experten von einem Kollaps der Regenwälder aus. Je mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre ist, umso weniger Wasser verdunsten die Pflanzen im Regenwald und umso weniger regnet es.

Eine Alternative zur Reduktion des Kohlendioxid-Ausstoßes gibt es nicht. Die Berechnungen im Feldversuch bei Brauschweig wurden mit der Kohlendioxid-Belastung von heute und mit einer um 50 Prozent reduzierten C02-Emission gemacht. Eine Halbierung bedeutet aber für die Industrienationen eine Reduzierung ihres Ausstoßes um 80 Prozent und für die Schwellenländer eine Reduzierung um 50 Prozent. Davon sind wir leider noch weit entfernt. In Deutschland ist die Kohlendioxid-Emission zwischen 1990 und 2012 um 23,8 Prozent gesunken, in den Jahren 2012 und 2013 jedoch wieder gestiegen.