Suchtbehandlung: Homöopathie reduziert Rückfallquote
„Sucht ist mit dramatischen persönlichen Schicksalen verbunden. Sie betrifft den Abhängigen ebenso wie Familienangehörige, Freunde oder Kollegen“, heißt es in der Nationalen Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik der Bundesregierung. Allein 2012 beantragten über 100.000 Abhängige eine Suchtrehabilitation. Dass es bei der Therapie mit Medikamenten Alternativen gibt, zeigt ein Modellprojekt. Patienten wurden dabei zusätzlich homöopathisch behandelt.
Es sind traurige Statistiken, die es über Sucht und Abhängigkeit gibt: An Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit sterben in Deutschland jährlich mehr als 40.000 Menschen. 1,77 Millionen Bundesbürger über 18 Jahre waren 2012 alkoholabhängig und weitere 1,61 Millionen betrieben Alkoholmissbrauch. 2012 kam es bei Kindern und Jugendlichen im Alter von zehn bis 20 Jahren zu 26.673 Krankenhauseinweisungen wegen Alkoholvergiftungen. Medikamentenabhängig waren 2,31 Millionen Bundesbürger über 18 Jahre, bei 4,68 Millionen lag Missbrauch von Schmerz-, Schlaf- und Beruhigungsmitteln vor. Aber auch Aufputschmittel, Appetitzügler, Antidepressiva und Anabolika standen auf der Liste der Medikamente, mit denen Missbrauch betrieben wurde. Zum Befragungsdatum 2012 hatten 7,2 Prozent der Jugendlichen im Alter von 10 bis 17 Jahren und 38,3 Prozent der 18- bis 25-Jährigen Drogen genommen.
Ein Entzug beziehungsweise eine Entgiftung ist eine akutmedizinische Versorgung in einem Krankenhaus, in das Patienten als Notfall oder auf ärztliche Veranlassung kommen. Ein Entzug dauert bis zu drei Wochen und wird von den Krankenkassen oder der Sozialhilfe bezahlt. Die Entwöhnungstherapie gilt als Rehabilitationsmaßnahme, die entweder ambulant oder stationär durchgeführt wird. Die Dauer einer stationären Entwöhnungsbehandlung liegt zwischen drei und neun Monaten. Die Kosten werden von den Trägern der Rentenversicherung, im Einzelfall aber auch von den Krankenkassen beziehungsweise Trägern der Sozialhilfe übernommen.
Homöopathie in der Suchtbehandlung
In dem Modellprojekt „Homöopathie in der Psychiatrie“, das am Vivantes Klinikum Spandau durchgeführt und von der Karl und Veronica Carstens-Stiftung gefördert wurde, erhielten 72 Patienten im Alter zwischen 21 und 74 Jahren eine Suchtbehandlung, 44 in Form einer chronischen Behandlung und 28 in Form einer Akutbehandlung. Dabei haben sich homöopathische Arzneimittel als Ergänzung zur konventionellen Behandlung bewährt.
Bei einem akuten Alkoholentzug konnten die typischen Symptome wie ängstliche Unruhe, Zittern und Schwäche gut mit Arsenicum album behandelt werden. Wurde Arsenicum zum Beispiel zusammen mit einem Konstitutionsmittel (ein homöopathisches Mittel, das dem Typ der zu behandelnden Person entspricht) gegeben, konnten die Phasen von Entzug und Erholung verkürzt werden. Bei sehr starken Entzugserscheinungen wie schwerer Unruhe oder einem Zustand vor dem Delirium war die gemeinsame Gabe von Arsenicum, Nux vomica und Belladonna äußerst wirksam.
Chronisch alkoholkranke Patienten, die häufig zu narzisstisch-depressiven Stimmungen neigen, konnten mit Lycopodium clavatum gut behandelt werden. Patienten, die von mehreren Substanzen abhängig sind, gehören zu den am schwersten zu behandelnden Gruppen. Die zusätzliche Gabe des homöopathischen Arzneimittels Lachesis führte bei einigen aus dieser Gruppe zu einer Stabilisierung, bei anderen zumindest zu einer zeitweiligen Stabilisierung. Patienten mit Mehrfachabhängigkeit zeigen oftmals wenig Mitarbeit an der Therapie, was einem Behandlungserfolg im Wege steht.
Weniger Rückfälle in die Sucht unter homöopathischer Begleittherapie
Von den 27 alkoholkranken Patienten mit einem Durchschnittsalter von 43 Jahren, einer im Schnitt 13 Jahre bestehenden Alkoholkrankheit und durchschnittlich 11,7 stationären Entzügen erreichten 59 Prozent eine durchschnittliche Abstinenzzeit von 14, 5 Monaten. Im Vergleich dazu liegen die Daten für Acamprosat, einem Mittel, das bei Alkoholabhängigen nach der Therapie zur Vorbeugung eines Rückfalls gegeben wird, nach zwölf Monaten bei 48 Prozent. Und selbst bei einer stationären Entwöhnungstherapie über zwölf Wochen kommt es nur zu Abstinenzraten zwischen 25 und 45 Prozent nach vier oder mehr Jahren.
„Um Suchterkrankungen erfolgreich behandeln zu können, muss man ihre Ursachen aufdecken”, sagt Dr. Frans Kusse, der an der De Brijder-Suchtklinik in Alkmar (Niederlande) tätig ist. Er ist überzeugt, dass Sucht eine Art von Selbstmedikation ist, um erlittene Verletzungen und Schmerzen zu lindern. Immerhin hätten 80 Prozent der Patienten an der De Brijder-Suchtklinik in Alkmar eine Vorgeschichte von Gewalt oder sexuellem Missbrauch in ihrer Jugend. Ohne die Ursachen zu finden, die einen Menschen in die Sucht getrieben haben, blieben Rückfälle nach einer Suchtrehabilitation eher die Regel als die Ausnahme.
Suchtbehandlung – nur unter ärztlicher Aufsicht
Die Behandlung von Suchtkrankheiten gehört in die Hand erfahrener Ärzte. Der Einsatz von konventionellen Arzneimitteln in Kombination mit homöopathischen Mitteln ermöglicht auch die Behandlung von Patienten mit schweren Suchterkrankungen. In dem Modellprojekt hat die Kombinationstherapie zu einer großen Patientenzufriedenheit geführt. Auch die Annahme, dass Psychopharmaka die Wirkung homöopathischer Mittel abschwächen, konnte in den meisten Fällen nicht bestätigt werden.
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Quellen und weiterführende Links:
Nationale Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik. 15. Februar 2012