Online-Homöopathie – Vorsicht ist geboten

Auch in der Homöopathie lassen sich immer mehr Patienten online beraten. | Bild: goodluz - Fotolia

Auch in der Homöopathie lassen sich immer mehr Patienten online beraten. | Bild: goodluz – Fotolia

197 Millionen Suchergebnisse findet die Suchmaschine Google für das Wort „Gesundheit“. Im Netz existieren diverse Hitlisten über Ärzte und Kliniken. In Foren und Blogs herrscht reger Austausch über Krankheiten und was dagegen hilft. Auch die Online-Beratung zu Krankheitssymptomen, deren möglichen Ursachen und entsprechenden Therapievorschlägen boomt. Mittlerweile ist sie auch auf dem Gebiet der Homöopathie angekommen.

Peter S. Magnusson, der bekannte IT-Experte, Kolumnist und Blogger, schrieb bereits 1997: „Das Internet besitzt die Macht zu fundamentalen und weitreichenden Veränderungen, die nur wenige Bereiche unseres Lebens unberührt lassen“. Dies gilt, wie wir heute wissen, auch beim Thema Gesundheit. So benutzt jeder achte Deutsche ein Smartphone, Armband, Stirnband oder eine Uhr zum Blutdruckmessen. Aber auch Puls, Blutzucker oder Kalorienverbrauch werden immer häufiger in Eigenregie ermittelt. Wer will, kann auch seine tägliche Laufstrecke oder Schritte, den Kalorienverbrauch oder das Zähneputzen überwachen lassen. Oder man lässt sich an die Einnahme von Tabletten, die nächste Vorsorgeuntersuchung oder Impfung erinnern. Das ergab eine Umfrage des deutschen Digitalverbandes Bitkom. Wir vertrauen lieber einer App als dem Ratschlag des Therapeuten oder dem eigenen Gesundheitsbewusstsein. In einer weiteren Umfrage stellte Bitkom fest, dass Online-Sprechstunden mit Ärzten nicht nur für die jüngere, Technik-begeisterte Generation eine Option sind. Auch jeder vierte Internetnutzer über 65 Jahre würde ein solches Angebot annehmen.

Gibt man „online-Sprechstunde“ bei Google ein, werden aktuell in 30 Sekunden ungefähr 493.000 Einträge gemeldet. Darunter finden sich Angebote wie „Stellen Sie jetzt Ihre Frage! Antwort in Minuten. Viele Kategorien. Geld-Zurück-Garantie“. Den Preis, den man für die Antwort eines online-Arztes zahlen will, legt man selbst fest. Ist man mit der Antwort nicht zufrieden, so soll die Zahlung innerhalb von 30 Tagen rückerstattet werden. Oder ein Pilotprojekt der Techniker Krankenkasse (TK) mit Hautärzten, die für Nachkontrollen Videosprechstunden anbieten. Mit diesem Projekt will die TK testen, ob und wie sich Telemedizin bewährt: „Für Ärzte bedeute dies den Einstieg in eine neue Form vergüteter Arbeit. Und für Patienten böte die online-Video-Sprechstunde perspektivisch ein medizinisches Angebot auch dort, wo keine Strukturen vorhanden sind – zum Beispiel in ländlichen Gebieten“. Bei den online-Gesundheits-Angeboten ist ein hohes Maß an Informationskompetenz notwendig: Man muss sich vergewissern, ob der Schutz der Privatsphäre gewahrt ist. Man sollte wissen, wer der Betreiber des entsprechenden Angebots ist. Und man sollte sich der Zuverlässigkeit der gegebenen Informationen sicher sein.

Online-Homöopathie – ein Widerspruch in sich

Mittlerweile hat die online-Welle auch die Homöopathie erreicht. In Foren und Blogs tauschen sich Homöopathie-Anwender aus, was per se ja nichts Schlechtes ist. Wenn man aber manche Fragen liest, die in solchen Foren gestellt werden, stockt einem schon einmal der Atem. Geantwortet wird zumeist, was man alles ausprobieren könnte. Irgendwann gibt es dann auch den Ratschlag, einen homöopathisch geschulten Therapeuten aufzusuchen, da es das homöopathische Mittel gegen Verstopfung nicht gibt. Schließlich erschließt sich dem klassisch homöopathisch ausgebildeten Therapeuten das passende Arzneimittel erst durch die ausführliche Befragung des Patienten. Er wird ermitteln, wann, wo und wie es zu Beschwerden gekommen ist. Und wichtig ist auch der Eindruck, in welchem psychischen Zustand sich der Patient befindet. Kennzeichen der klassischen Homöopathie „sind die gezielte Arzneimittelwahl mit Hilfe der Ähnlichkeitsregel, die sich nach den individuellen Krankheitszeichen und Persönlichkeitsmerkmalen des Patienten richtet, die Erkenntnis der Arzneikräfte durch Prüfungen an Gesunden sowie die Verwendung der Arzneimittel in potenzierter Form und kleiner Dosis.“ Das alles gelingt nicht mit einer online-Beratung, auch wenn sie über einen sogenannten Video-Chat durchgeführt wird.

Trotzdem finden sich mittlerweile zahlreiche online-Beratungsangebote im Internet. So zum Beispiel eine Plattform, die den jederzeitigen Zugriff auf „alle“ homöopathischen Mittel und Symptome anbietet. Man gibt ein Symptom ein und erfährt, welche Mittel es dagegen gibt. Für 4 € im Monat wird der Zugriff auf über 200 homöopathische Mittel freigeschaltet. Als Geschenk gibt es eine pdf-Datei mit den wichtigsten seelischen Symptomen für 130 Mittel. Für noch einmal 4€ pro Monat gibt es den Zugriff auf „alle“ Mittel mit den entsprechenden körperlichen und seelischen Symptomen, für die sie geeignet sind. Außerdem den Zugriff auf Homöopathie für Kinder sowie Entscheidungshilfen etc. Für weitere 2 € erhält der Laie unter anderem ein Auswahlsystem für homöopathische Mittel. Vor unkalkulierbaren Risiken der Gesundheitsberatung via Internet warnten die Ersatzkassen Schleswig Holsteins bereits im Jahr 2001: „Die Informationen und Beratungen über verschiedene Krankheiten, deren Erkennen, Diagnostik oder Therapie bergen große Gefahren in sich, wenn dazu auch noch eine Selbstdiagnose oder gar eine Selbsttherapie angeboten wird“. Gesundheitsseiten im Internet sollten der Information dienen. Sie können auch wertvolle Ratschläge beinhalten, was man zum Beispiel gegen eine akute Erkältung machen kann. Aber bereits eine gesteigerte Infektanfälligkeit muss von einem erfahrenen Therapeuten behandelt werden.

Online-Homöopathie ist auch ein juristisches Problem

Das stetig wachsende Angebot an online-Gesundheitsberatungen wirft auch juristische Fragen auf. Ist der Nutzer einer online-Gesundheitsberatung für alle möglicherweise eintretenden Folgen selbst verantwortlich und haftbar? Dürfen Ärzte und Heilpraktiker überhaupt via Internet tätig sein und in welchem Rahmen? Dazu sagt §7, Absatz 4 der Berufsordnung, dass Ärzte ihre individuelle Behandlung und Beratung nicht „ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien“ ausüben dürfen. Und in einem Gerichtsurteil ist die telemedizinische oder Fern-Behandlung nur dann erlaubt, wenn der Arzt sich in einer vorausgegangenen persönlichen Untersuchung davon überzeugt hat, dass eine Fern-Behandlung möglich ist. Auch in der Berufsordnung für Heilpraktiker heißt es in Artikel 2, Absatz 4: . „Heilpraktiker dürfen laut HWG für Fernbehandlungen nicht werben. (…) Eine Fernbehandlung liegt u. a. dann vor, wenn Heilpraktiker den Kranken nie gesehen noch untersucht haben. Es entspricht ebenso nicht der medizinischen Sorgfaltspflicht, Diagnosen zu stellen und Arzneimittel oder Heilverfahren zu empfehlen, wenn ausschließlich die Ergebnisse von eingesandtem Untersuchungsmaterial wie Blut, Urin oder andere Unterlagen zur Verfügung stehen.“

Wer online-Gesundheitsdienstleistungen in Anspruch nimmt, sollte sie kritisch hinterfragen und sie hauptsächlich zur eigenen Information verwenden. Das heißt nicht, dass jeder Erfahrungsaustausch über Krankheiten und Erfahrungen mit der Behandlung, bzw. Ratschläge zur Selbstbehandlung per se schlecht sind. Dennoch ist eine kritische Hinterfragung ratsam. Denn auch die homöopathische Selbstmedikation stößt an Grenzen, die zum eigenen Wohl nicht überschritten werden sollten.

Die homöopathische Selbstmedikation und ihre Grenzen


Viele leichte Erkrankungen lassen sich auch in Eigenregie gut behandeln. Hier haben sich vor allem homöopathische Komplexmittel bewährt, die bei vielen Indikationen eine wirksame und schonende Behandlung ermöglichen. Zur Selbstmedikation und ihren Grenzen schreibt der Deutsche Zentralverband homöopathischer Ärzte: „Gerade für viele leichtere akute Erkrankungen und Verletzungen ist die homöopathische Selbstbehandlung wie geschaffen und auf Reisen sollte eine homöopathische Haus- und Notfallapotheke nicht fehlen. Wird die Homöopathie richtig angewendet, können Nebenwirkungen ausgeschlossen werden – doch ihr sind Grenzen gesetzt. Diese zu kennen, ist eine Voraussetzung für die erfolgreiche Therapie. Die Behandlung chronischer Krankheiten etwa gehört in die Hand des homöopathischen Arztes. Ein längeres erfolgloses Herumdoktern muss unbedingt vermieden werden, denn dies kann zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen.“

Während auf der einen Seite das Internet vielfältige Informationen bereithält und seinen Beitrag zum informierten Patienten leistet, birgt es auch Risiken. Wer unkritisch alles für bare Münze nimmt, was im Internet steht, schadet sich selbst – das gilt in besonderem Maß für Gesundheitsinformationen und Gesundheitsdienstleistungen.