Gehirnpotenzial, Süßstoff, Milch und Co.: 5 Gesundheits-Mythen, die überraschen

Gesundheitsmythen wie „Milch ist ungesund“ oder „Wir nutzen nur 10 Prozent unseres Gehirns“ halten sich hartnäckig. Was ist dran?

Gesundheitsmythen wie „Milch ist ungesund“ oder „Wir nutzen nur 10 Prozent unseres Gehirns“ halten sich hartnäckig. Was ist dran? | Bild: yamix – Fotolia

Man hört immer wieder Aussagen wie „Milch ist ungesund“ oder „Albert Einstein hat einmal gesagt, wir nutzen nur 10 Prozent unseres Gehirns“ – Mythen über den Körper oder die Gesundheit halten sich hartnäckig in den Köpfen der Menschen. Aber stimmen sie? Lesen Sie hier über 5 gängige Mythen – und darüber, ob etwas dran ist.

1. Mythos – unterfordertes Gehirnpotenzial

Dieser Mythos ist falsch. Es gibt zum Beispiel stichhaltige Zweifel daran, dass Albert Einstein das Zitat zur Gehirnnutzung tatsächlich gesagt haben soll. Das menschliche Gehirn verbraucht den Großteil der Energie, die wir zu uns nehmen. Es hätte sich in dieser Größe und Komplexität nicht entwickelt, wenn es nur zu einem Bruchteil genutzt würde. Die Evolution funktioniert anders: nur in seltenen Fällen erlaubt sie sich die Aufrechterhaltung von Organen ohne Funktion.

Da wir Menschen vielfach den Wunsch hegen, unser volles Potenzial zu entfalten, geht es vielmehr um eine sinnvolle Nutzung der vorhandenen Gehirnressourcen. Überkommene, nutzlose oder gar schädliche Denkmuster, die das Gehirn aus ökonomischen Gründen aktiviert, weil es sie einmal erlernt hat, blockieren solche Ressourcen. Wer sich hauptsächlich mit seinen Ängsten, dem Streben nach Statussymbolen oder Werbeversprechen beschäftigt, hat nur noch einen Bruchteil seiner Energie für produktive Gedanken übrig. Es wäre an dieser Stelle besser, unsere Energie zielgerichtet für Dinge einzusetzen, die unser Potenzial unterstützen, und schädliche Denkmuster auszusortieren.

2. Mythos – Süßstoff ist ungesund, macht dick und trägt zu Diabetes bei

Der Mythos, Süßstoff mache dick, ist derzeit umstritten. In 2007 analysierten Bellisle und Drewnowski 19 Studien auf Nachweise, ob Süßstoff dick macht. 3 der Studien ergaben eine appetitsteigernde, 3 eine appetitsenkende und 13 überhaupt keinen Einfluss auf den Hunger und die Aufnahme von Kalorien. Diese Diskussion kam überhaupt erst auf, weil eine Studie an 27 Ratten gezeigt hatte, dass die Tiere durch den Verzehr von Süßstoff zunahmen.

Es kommen zudem immer wieder Behauptungen auf, dass Süßstoff die Insulinproduktion anregt und die Insulinempfindlichkeit senkt. Das könne über einen längeren Zeitraum zu Diabetes führen. Doch die Experten sind sich auch hier nicht einig. Eine Arbeitsgruppe um Dr. Pepino der Washington University machte dazu ein Experiment: 17 stark fettleibigen Menschen wurde einmal Wasser und einmal eine mit dem Süßstoff Sucralose versetzte Lösung vorgesetzt. Danach wurde ein angepasster Glukosetoleranztest durchgeführt. Bei der Gabe von Sucralose stieg einerseits der Blutzuckerspiegel viel stärker an, als bei der Einnahme von Wasser. Andererseits wurde die Insulinempfindlichkeit nach der Sucraloseeinnahme um 23% gesenkt. Bei diesem Experiment gingen die Experten davon aus, dass Süßstoff den Stoffwechsel und die Hormone beeinflussen kann. Der Ernährungsmediziner Prof. Andreas Pfeiffer ist da anderer Meinung. Er leitet die Abteilung für klinische Ernährung beim Deutschen Institut für Ernährungsforschung an der Charité Berlin. Seine Auswertung verschiedener Studien ergab, dass nur ein minimaler Anstieg der Insulinproduktion gemessen werden konnte, der sich nicht niederschlagen dürfte. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hält Süßstoff sogar für ein probates Mittel, um Gewicht zu verlieren.

Es kommt allerdings eine andere Facette hinzu, die zwischen diesen unterschiedlichen Sichtweisen vermitteln könnte. Süßstoffe aktivieren dieselben Geschmacksrezeptoren wie Zucker. Daher könnte es sein, dass sie die Gewohnheit fördern, Süßes zu essen. Und tatsächlich kommt es immer wieder vor, dass sich Menschen durch ihre Lust nach Süßem und die „eingesparten“ Kalorien dazu verleiten lassen, nachher zu zuckerhaltigen Süßigkeiten zu greifen. Wer dauerhaft abnehmen will, kommt daher wohl nicht umhin, sich mit den Hintergründen der eigenen Süßgelüste zu befassen.

3. Mythos – Schlafmangel ist ungesund – und langer Schlaf gesund

| Bild: drubig-photo - Fotolia

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Beim Schlaf sind sich die Schlafforscher weitgehend einig: zu wenig ist ungesund, zu viel aber leider auch. Dieser Mythos ist also falsch. Zunächst einmal gilt, dass der Schlafbedarf eines Menschen individuell variiert, denn er ist genetisch vorherbestimmt. Manchen reichen 5 Stunden, andere wiederum brauchen über 9 Stunden. Jedoch gibt es viele statistische Hinweise, dass die optimale Schlafdauer bei Erwachsenen zwischen 7 und 8 Stunden liegt.

Untersuchungen zufolge steigt bei Menschen, die täglich länger als 9 Stunden schlafen, das Risiko, an einer Depression zu erkranken, von 27% (bei 7–9 Stunden Schlaf) auf 49% (bei über 9 Stunden Schlaf). Darüber hinaus beeinträchtigt langes Schlafen den Menstruationszyklus und die Hormonproduktion bei Frauen – und damit die Fruchtbarkeit, wie in einer Studie in Korea ermittelt wurde. Eine andere Studie wiederum wies nach, dass Langschläferinnen, die sich körperlich in gleichem Maße betätigten, wie Frauen mit einem regulären Schlafpensum, mehr Gewicht zulegten. Ebenfalls besteht die Gefahr, eine erhöhte Glukosetoleranz zu entwickeln – dem Vorstadium eines Diabetes mellitus.

Beim Schlaf kommt es auf ein gutes Gleichgewicht an, das jeder für sich selbst herausfinden muss. Dabei spielt weniger eine Rolle, ob wir vor Mitternacht zu Bett gehen. Es geht hauptsächlich darum, dass die Regeneration nach dem Einschlafen am höchsten ist, da in den ersten Stunden die Tiefschlafphase (REM-Phase) besonders häufig eintritt.

4. Mythos – Milch ist ungesund, sie ist für den Menschen ungeeignet

Dieser Mythos ist umstritten. Fakt ist: Viele Menschen vertragen Milch nicht optimal, da ihnen das Enzym Laktase fehlt, das wir zum Aufspalten von Milchzucker (Laktose) benötigen. Dadurch kann es zu Bauchschmerzen, Durchfall, Blähungen und Übelkeit kommen, denn die Laktose wird bei Menschen mit Laktoseunverträglichkeit von Bakterien vergoren. Da es in Asien und Afrika keine lange Tradition der Milchwirtschaft gibt, hat sich der Mensch dort nicht an den lebenslangen Milchverzehr gewöhnt und dort vertragen nur wenige Menschen Milchprodukte. Dem gegenüber haben nur etwa 20% der Deutschen eine Laktoseunverträglichkeit, da sich der Mensch auf dem europäischen Kontinent angepasst hat.
Es wird ebenfalls viel über den Zusammenhang zwischen Osteoporose und Milchkonsum diskutiert. Eine schwedische Studie, die im British Medical Journal erschienen ist, stellte bei Milchkonsumenten eine höhere Wahrscheinlichkeit fest, eine Hüftfraktur zu erleiden. Außerdem gibt es in Regionen wie Asien und Afrika, in denen kaum Milchprodukte auf den Tisch kommen, so gut wie keine Osteoporose, (was jedoch nicht automatisch bedeutet, dass ein ursächlicher Zusammenhang zum Milchverzicht hergestellt werden kann). Andere Studien kommen zu einem gegenteiligen Ergebnis und zeigen auf, dass ältere Frauen, die regelmäßig Milchprodukte verzehren, ein geringeres Risiko haben, an Osteoporose zu erkranken. Es besteht noch einiges an Forschungsbedarf, um den Auswirkungen von Milchprodukten auf die menschliche Gesundheit auf die Spur zu kommen.

5. Mythos – Vegetarier ernähren sich einseitig

Dieser Mythos dürfte in Zeiten, in denen Veganismus und Vegetarismus zum guten Ton gehören und Lifestyle geworden sind, einen starken Rückgang verzeichnen. Zu Recht, denn wer sich vegetarisch ernährt, isst keineswegs einseitig. Fleisch liefert zwar neben tierischem Eiweiß hochwertige Energie, Eisen und Zink, hat jedoch auch viele gesundheitliche Nachteile, wie etwa ein gesteigertes Risiko, an Darmkrebs oder Herz-Kreislauf-Krankheiten zu erkranken.

Im Wesentlichen wird dem Vegetarismus immer wieder vorgeworfen, er führe zu Eiweiß- und Eisenmangel. Der Mythos des Eiweißmangels stimmt nicht, denn viele Hülsenfrüchte, wie weiße Bohnen, haben genauso viel oder gar mehr Eiweiß als Fleisch. Auch Nüsse, Tofu und verschiedene Getreide sind reich an Proteinen. Eine ausgewogene vegetarische Ernährung liefert also genügend verwertbares Eiweiß.

Bei der Eisenaufnahme gilt zwar, dass der menschliche Stoffwechsel tierisches Eisen leichter als pflanzliches aufnehmen kann. Jedoch leiden erwiesenermaßen nicht mehr Vegetarier an einer Eisenmangelanämie als Nicht-Vegetarier. Die Eisenspeicher sind zwar bei Vegetariern weniger gefüllt, doch ist das ein erwünschter Nebeneffekt, da hohe Ferritinwerte (Eisenspeicherwerte) mit Darmkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Vegetarier sollten allerdings darauf achten, genügend Vitamin B12, Vitamin D, Eisen, Kalzium und Eiweiß in über eine ausgewogene Ernährung zu sich zu nehmen. Dann liegen sie voll im Gesundheits-Trend.