Kapitel 2: Das Patientenwohl fordert die Integrative Medizin

Nichts ist per se gut oder schlecht. Eine starke Vernetzung von Schul- und Alternativmedizin steigert die Behandlungsqualität zum Wohle des Patienten.

Nichts ist per se gut oder schlecht. Eine starke Vernetzung von Schul- und Alternativmedizin steigert die Behandlungsqualität zum Wohle des Patienten. | Bild: pressmaster – Fotolia

Im ersten Kapitel dieses Gästeblogs ging es um die Regulationsfähigkeit des Körpers als Gradmesser für die Wahl der Therapie. Denn solange diese besteht, kann sich der Körper durch leichte Impulse vielfach selbst heilen. Nun berichtet Dr. med. Michaela Ludwig darüber, warum ein integrativer Ansatz in der Medizin wichtig ist.

In Ihrer Funktion als Vorstand der Internationalen Gesellschaft für Homöopathie und Homotoxikologie e.V. setzen Sie sich für die Akzeptanz der Homöopathie ein. Weshalb glauben Sie, dass beide, die Homöopathie und die Schulmedizin, zusammenarbeiten sollten?

Aus meiner Sicht sollten wir nicht polarisieren und die Medizin in verschiedene Lager spalten. Es macht mehr Sinn, die Werte der jeweiligen Behandlungsmethode hervorzuheben und die jeweiligen Vorteile synergistisch zum Wohle des Patienten einzusetzen. Eine integrative Zusammenarbeit fordert allerdings Toleranz. Ich bin hier optimistisch. In der Fort- und Weiterbildung etwa im Bereich Homöopathie steigen kontinuierlich die Teilnehmerzahlen. Immer mehr Mediziner suchen den Weg aus der Sackgasse, da in einigen Bereichen die Schulmedizin bereits an ihre Grenzen stößt. Der Blick über den Tellerrand wird daher populärer. Wir als Fachgesellschaft haben das Ziel, dass alternative Behandlungsmethoden in den Medizin-Lehrplan an den Universitäten aufgenommen werden. Konkrete Kooperationen mit verschiedenen Hochschulen stehen kurz vor dem Abschluss.

Wie kommt es aus Ihrer Sicht dazu, dass jahrhundertealtes Erfahrungswissen der Alternativmedizin, also nicht nur in Bezug auf die Homöopathie, von vielen Schulmedizinern negiert wird?

Es liegt aus meiner Sicht daran, dass die Schulmedizin dogmatisch evidenzbasiert arbeitet. In der Homöopathie kann diese Beweisführung aber nicht funktionieren, da für die Beweisführung andere Parameter zugrunde gelegt werden müssen und damit ein direkter Vergleich ausgeschlossen werden muss. Es liegt also an der Nachweismethode. Ich wünsche mir, dass hier mehr Offenheit und Akzeptanz für eine passende Beweisführung entsteht. Denn die Wirkung homöopathischer Mittel ist vorhanden. Ich nenne gerne ein Beispiel aus dem Doping. Auf der internationalen Liste der verbotenen Mittel stehen auch homöopathische Präparate. Wenn diese keine Wirkung hätten, wären sie dort nicht gelistet. Die Fortschritte in der Quantenmechanik eröffnen uns in den nächsten Jahren hoffentlich neue Möglichkeiten der Beweisführung. Darauf bin ich gespannt.

Wie sieht Ihrer Meinung nach der Bedarf der medizinischen Versorgung von morgen aus? Wird es zu einer Konvergenz kommen?

Wir müssen insgesamt toleranter werden. Ich hoffe sehr, dass auch der Druck seitens der Patienten größer wird. Schon heute wollen 80 Prozent eine naturheilkundliche oder homöopathische Behandlung. Wie schon gesagt, steigt auch die Zahl der Mediziner, die das erkennen und sich fortbilden. Wir brauchen eine starke Vernetzung, um durch integrative Konzepte das Beste für den Patienten zu erreichen. Denn nichts ist per se falsch oder richtig, sondern über die Gesamtschau auf die Situation lässt sich das richtige Vorgehen ermitteln.

Lesen Sie hier alle Gäste-Blog-Beiträge von Dr. med. Michaela Ludwig über Schulmedizin und Homöopathie.