Stressabbau durch Yoga: Balance für Körper und Geist
Zum 1. Internationalen Yoga-Tag am 21. Juni 2015 nahmen in Neu-Delhi knapp 36.000 Menschen aus 84 Ländern an einer Yogastunde teil. Damit erzielten sie einen Weltrekord. Spätestens seit diesem Tag ist klar: Diese indische Tradition wird immer beliebter, auch weil Stressabbau durch Yoga funktioniert. Mittlerweile gibt es viele verschiedene Arten wie Power-Yoga oder auch Schwangerschaftsyoga.
„Yoga ist für immer mehr Menschen ein sehr guter Weg, zu innerem Ausgleich und Geistesruhe zu kommen und sich so mit Klarheit, Gelassenheit und Stärke dem mitunter herausfordernden Alltag zuzuwenden“, schreibt der Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland (BDY) in seiner Stellungnahme zum 1. Internationalen Yoga-Tag.
Power-Yoga und Co. erobern die Welt
Ursprünglich ist Yoga in der jahrtausendealten Tradition des Hinduismus ein spiritueller Weg unter vielen, die zur Erleuchtung führen. Die im Westen praktizierten Formen sind Yoga-Varianten aus dem 19. Jahrhundert, die in der westlichen Welt ausgebildete oder lebende Inder entwickelt haben. Mittlerweile gibt es unzählige Formen von Yoga: Hatha Yoga, Ivengar Yoga, Sivananda Yoga, Tibetischer Yoga, Hormon-Yoga, Power-Yoga, Schwangerschaftsyoga und die Fünf Tibeter, um nur einige zu nennen. Allen gemeinsam sind die Asanas, die Körperübungen, und die Pranayama, die Atemübungen, die sehr schnell zu fühl- und messbaren Erfolgen führen, vorausgesetzt man trainiert regelmäßig: Beweglichkeit und Gleichgewicht werden verbessert, Stress wird abgebaut, Entspannung gefördert, der Körper durchtrainiert, der Stoffwechsel aktiviert und die mentale Stärke gefördert. Laut einer Focus-Umfrage aus dem Jahr 2009 hat Yoga den Status einer Volksbewegung angenommen, den 2,5 Millionen Bundesbürger regelmäßig betreiben. Der geschätzte Umsatz im Wirtschaftszweig Yoga betrug 2009 rund 500 Millionen Euro. Laut einer repräsentativen Umfrage des BDY sind es 16 Millionen Deutsche, die Yoga praktizieren oder es vorhaben.
Stressabbau durch Yoga und weiteres gesundheitliches Potenzial
Anerkannt ist, dass Yoga Krankheiten vorbeugt, weswegen viele Krankenkassen Yoga-Kurse bezuschussen. Der BDY beklagt allerdings, dass von den Krankenkassen nur der Stressabbau durch Yoga und dessen entspannende Wirkung gesehen wird und nicht das ganze Potenzial: „Wir zeigen mit der Zusammenschau aktueller Forschungsergebnisse, dass sich Yoga insbesondere auch für Volkskrankheiten wie Rückenschmerz, Brustkrebs, Depression, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus als vielversprechende therapeutische oder präventive Maßnahme erweist“.
Laut einer norwegischen Studie, die die Wirkung von Wandern und Yoga verglich, stärkt Yoga das Immunsystem stärker als Wandern. Wissenschaftler der Rajasthan-Universität in Jaipur, Indien, haben nachgewiesen, dass Yoga die Anzahl und Schwere von Migräne-Anfällen reduzieren kann. Die Blutdrucksenkende Wirkung haben Wissenschaftler der Yale-Universität in einer Übersichtsarbeit dokumentiert. Auch chronische Rückenschmerzen werden nachhaltig gebessert, wie eine Studie der University of Washington in Seattle, USA, zeigte. Bereits nach einem halben Jahr regelmäßigen Trainings konnten nahezu 80 Prozent der Studienteilnehmer auf die Einnahme von Schmerzmedikamenten verzichten. Auch Schlafstörungen werden bereits nach achtwöchigen, täglichen Yoga-Übungen gebessert. Nur Yoga, nicht aber andere sportliche Betätigungen, verhalf in einer Studie der University of Washington zu besseren Ernährungsgewohnheiten und reduzierte Heißhungerattacken. Im Herz-Kreislauf-Zentrum Bad Segeberg wird Yoga in der Rehabilitation von Herzerkrankungen angeboten, da es sich nach einer Studie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und dem San Francisco Lifestyle Heart Trial als wirksamer Schutz vor Rückfällen erwiesen hat. Auch als Methode gegen schlechte Laune, Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Angst hat sich Yoga bewährt, wie eine Studie der University of California herausfand. Wer regelmäßig praktizierte, war optimistischer, entspannter und zuversichtlicher.
Yoga hilft gegen Stimmungsschwankungen und verbessert durch Stressabbau die Lebensqualität auch nach einer überstandenen Krebserkrankung. An der 2013 veröffentlichten kanadisch-amerikanischen Studie unter Leitung von Michael J. Mackenzie nahmen 66 Patienten nach überstandener Krebserkrankung teil. Sieben Wochen lang besuchten sie einen Yoga-Kurs. Die positive Auswirkung auf Gemütsschwankungen, Stress und Lebensqualität zeigte sich bereits unmittelbar nach Beendigung des Kurses. Auch das Sexualleben wird bei Männern und Frauen bereits nach zwölf Wochen Training verbessert, wie eine 2009 im Journal of Sexual Medicine veröffentlichte Studie zeigte.
Die bislang erste Studie zu den ganzheitlichen Wirkungen der Fünf Tibeter wurde zwischen 2011 und 2014 unter Leitung von Dipl.-Med. Ulrike Kerkhoff in Zusammenarbeit mit der Europauniversität Viadrina in Frankfurt an der Oder durchgeführt. Darin wurden Lebensqualität, Stressverarbeitung, Tagesrhythmik, Schlafqualität und allgemeiner Gesundheitszustand erfasst. Die Auswertung der Studie ist noch nicht abgeschlossen, aber ein Zwischenergebnis ist: Yoga-Praktizierende haben nach drei Jahren eine verbesserte Lungenfunktion, mehr Muskelmasse, weniger Körperfett und die Fähigkeit, sich nach Stress schneller wieder zu entspannen. Die Fünf Tibeter sind ein 15-minütiges ganzheitliches Trainingsprogramm mit einer Kombination aus Bewegung und Atmung, das die geistige Achtsamkeit schult.
Schwangerschaftsyoga – geht das?
Natürlich ist Power-Yoga während der Schwangerschaft tabu. Aber es gibt spezielle sanfte Yoga-Übungen, die, ohne den Bauchraum zu belasten, zu mehr Wohlbefinden und innerer Ruhe führen. So bereiten die Atemübungen im Schwangerschafts-Yoga auf die Geburt vor, während die Dehnungen im Beckenraum eine wirksame Vorbeugung gegen Dammriss während der Geburt sind.
Insbesondere für Schwangere, aber auch für alle, die mit Yoga beginnen wollen, gilt: Die richtige Technik entwickelt man unter Anleitung eines erfahrenen Trainers und nicht mit einer CD.
Sehen Sie hier unser Dossier zum Thema Stress
Quellen und weiterführende Links:
Sueddeutsche.de: Weltrekord: Mehr als 35.000 Menschen in Yoga-Stunde