High Protein: Wie gesund ist die Extraportion Eiweiß?

Vegane Proteinquelle: Nicht nur in Hülsenfrüchten stecken viele pflanzliche Eiweiße.
Vegane Proteinquelle: Nicht nur in Hülsenfrüchten stecken viele pflanzliche Eiweiße. | Bild: bit24 – Adobe Stock

Protein-Brot, Protein-Müsli, Protein-Joghurt und sogar Protein-Pizza und Protein-Chips – in fast allen Lebensmittelgruppen gibt es Produkte mit einer Extraportion Eiweiß. Eine proteinreiche Ernährung liegt im Trend. Und das nicht nur durch Diäten, bei denen weniger Kohlenhydrate (Low Carb) und mehr Eiweiß (High Protein) empfohlen werden. Eiweiß gilt mittlerweile als der Nährstoff schlechthin für einen gesunden und sportlichen Lifestyle. Wieviel Eiweiß wir tatsächlich brauchen und warum Ernährungswissenschaftler High-Protein-Produkte für überflüssig halten, erfahren Sie hier.   

Protein-Shakes und -Riegel – die Auswahl an Eiweiß-Produkten war früher überschaubar. Heute sieht man auf unzähligen Milchprodukten, Getränken, Nudeln, Gebäck bis hin zu Wurst und Snacks Aufdrucke wie „High Protein“, „reich an Protein“ oder „Proteinquelle“. Glaubt man der Werbung, gilt: Je mehr Eiweiß, desto besser. Doch schon vor dem Protein-Hype wurde in Deutschland im Schnitt mehr Eiweiß, in Form von Fleisch, Wurst- und Käseprodukten, gegessen als von Wissenschaftlern empfohlen.

Wozu braucht der Körper Eiweiß?

Was wir Eiweiß nennen, bezeichnen Wissenschaftler als Protein. Proteine sind aus Aminosäuren aufgebaut, die der Körper zum Teil selbst produzieren kann, zum Großteil aber über die Nahrung aufnehmen muss. Proteine erfüllen wichtige Funktionen im Körper, nicht umsonst ist ihr Name vom griechischen Wort „Proton“ für „das Erste, das Wichtigste“ abgeleitet. So liefern Proteine z.B. Baumaterial für Muskeln, Organe, Blut und unsere Erbsubstanz, die DNA, aber auch für Enzyme und Hormone etwa zur Immunabwehr.

Wieviel Eiweiß ist gesund?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für gesunde Erwachsene täglich 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht. Selbst wer bis zu 5 Stunden pro Woche sportlich aktiv ist, braucht nicht mehr Eiweiß. Einzig älteren Menschen und Leistungssportlern wird zum Aufbau und Erhalt der Muskelmasse eine erhöhte Proteinzufuhr empfohlen, nämlich 1,0–2,0 g/kg KG/Tag. Laut DGE reichen selbst zur Deckung eines höheren Eiweißbedarfs herkömmliche proteinreiche Lebensmittel („Proteingehalte verschiedener Lebensmittel”) aus.

High Protein: Genießen ohne schlechtes Gewissen?

Quark oder Nudeln aus Linsen sind von Natur aus „High Protein“1. Viele High-Protein-Produkte aber sind hochverarbeitete Lebensmittel, die mit Eiweißkonzentraten (z. B. aus Weizen, Soja, Lupinen) oder Milcheiweiß versetzt werden. Und auch wenn wir es gerne glauben würden: Gesünder sind Pudding, Chips und Co. durch das mehr an Eiweiß nicht, wie das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) deutlich macht: “Für die meisten gesunden Menschen macht es wenig Sinn, mit Proteinen angereicherte Produkte zu essen, da sie ausreichend mit Eiweiß versorgt sind. Außerdem sind Lebensmittel mit zugesetztem Eiweiß nicht automatisch gesünder. Häufig enthalten sie viel Fett oder Zucker und/oder diverse Zusatzstoffe. Deshalb empfiehlt es sich, ganz genau auf der Zutatenliste zu schauen, was in dem Produkt steckt [6].” Noch deutlicher wird Antje Gahl, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE): „Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind High-Protein-Produkte überflüssig. Wer die Vielfalt herkömmlicher Lebensmittel nutzt, bekommt genug Protein und spart sich das Geld für die meist teureren Produkte“.

Überdosis Protein: Was bewirkt zu viel Eiweiß im Körper?

High-Protein-Produkte liefern meist mehr Protein, als nötig ist. Da überschüssiges Protein nicht gespeichert wird, muss es wieder ausgeschieden werden. Der beim Abbau entstehende Harnstoff wird über die Nieren und den Urin ausgeschieden. Wer sich proteinreich ernährt, sollte deshalb ausreichend trinken. Ob mehr Eiweiß als nötig Gesunden auf Dauer schadet, ist nicht eindeutig belegt. Wer eine eingeschränkte Nierenfunktion hat, sollte aber aufpassen: In diesem Fall kann zu viel Eiweiß problematisch werden.

1Laut Health-Claims-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1924/2006) dürfen Lebensmittel die Angabe „Proteinquelle“ tragen, wenn mindestens 12 % des Energiegehalts aus Protein stammen. Bei „High Protein“ müssen mindestens 20 % des Energiegehalts aus Protein sein.