Einfach abnehmen mit Wundermitteln? Was die Diätindustrie verspricht – und was sie wirklich einhalten kann
Im Frühjahr denken tausende Menschen daran, für die Strandfigur ein paar Kilo abzunehmen. Damit geraten sie in das Visier der Hersteller von Abnehmprodukten. Deren Wirkung ist allerdings umstritten und in vielen Fällen sogar wissenschaftlich widerlegt. Dieser Artikel gibt einen Überblick über Diäten, gängige Diätprodukte und deren Tauglichkeit. Zudem wird auf Konzepte wie die Klopftherapie eingegangen.
Diäten sind nur eingeschränkt empfehlenswert
Was passiert bei einer Diät im Körper? Die meisten Diäten setzen auf Verzicht: Der Volkssport „Friss die Hälfte“ (FDH) oder Glyx-, HCG- bzw. Formula-Diäten setzen auf eine mehr oder minder drastische Reduktion der aufgenommenen Energiemenge sowie auf eine relativ einseitige Ernährungsphilosophie. Nulldiäten oder selbst stark einschränkende Diäten versetzen den Körper jedoch in Alarmbereitschaft und führen dazu, dass vermehrt Stresshormone ausgeschüttet werden. Und wie reagieren Menschen gewöhnlich auf Stress? Sie erfahren Heißhungerattacken und geben sich diesen in der Regel mit Naschen hin.
Doch auch wer eisern bleibt, zahlt bei diesen Diäten hinterher meistens drauf: Wenn der Körper eine drastische Reduktion der Kalorien erkennt, schaltet er in eine Art Notprogramm, das ihn in Zeiten des Jagens und Sammelns vor dem Verhungern bewahrt hätte. Der Energiestoffwechsel wird stark heruntergefahren, um die Fettdepots als Energiereserven mit aller Macht zu erhalten. Stattdessen wird Muskelgewebe abgebaut, da Muskeln weniger energiereich sind. Dieser Erhaltungseffekt ist zwar zu Beginn einer Diät noch schwach ausgeprägt – und so purzeln anfänglich die Pfunde noch recht schnell. Doch je länger die Diät andauert, umso weniger arbeitet der Stoffwechsel und umso zäher wird die erhoffte Gewichtsreduktion. Hinzu kommt, dass der Energiestoffwechsel auch langfristig geschwächt wird. Dadurch werden die nach Ende der Diät aufgenommenen Speisen weniger gut verstoffwechselt und lagern sich in erhöhtem Maße erneut als Fettpolster auf den Hüften ab – das ist die Ursache für den bekannten Jo-Jo-Effekt. Was noch gravierender ist: Ein Teufelskreis beginnt, da der Stoffwechsel mit jeder weiteren Diät immer weiter zum Erliegen kommt. Der Jo-Jo-Effekt verstärkt sich also mit der Zeit.
Besser bedächtig oder doch radikal Diät halten?
Soweit die Meinung von Experten und so gut die Erkenntnis: mit moderaten Methoden eine langsame, aber kontinuierliche Gewichtsabnahme anstreben. Doch trifft das alles gleichermaßen auf alle Menschen zu? Das „New England Journal of Medicine“ hat die wissenschaftliche Datenlage zu der seit über 50 Jahre geltenden Diätregel des moderaten, aber nachhaltigen Abnehmens überprüft. Das verblüffende Ergebnis: „Langsam und bedächtig“ ist nicht mehr als ein hartnäckiger Mythos. Denn die Psyche des Menschen ist komplex. Konkret bedeutet das: Obwohl wir uns in manchen Fällen von zu harten Zielen abschrecken lassen, sind ehrgeizige Ziele grundsätzlich eher geeignet, uns zu beflügeln, die notwendige Disziplin aufzubringen. Wer sich hingegen eher laxe Ziele setzt, kommt leichter in Versuchung, hier und da Ausnahmen zu machen. Insgesamt ist dann der Fortschritt beim „Slow-Weight-Loss-Effect“ zu gering, was zu Enttäuschung und Resignation führen kann. Kommt die Waage hingegen gleich zu Anfang ordentlich in Fahrt, wirkt sich das direkt positiv auf die zukünftige Motivation aus. Dieser Zusammenhang wurde allerdings nur bei Frauen festgestellt, die bei ihren ehrgeizigen Zielen intensiv psychologisch unterstützt wurden. Daher zeigt diese Untersuchung nicht grundsätzlich, dass harte Diäten besser sind, sondern, dass klare Zielsetzungen und eine hohe Motivation elementare Voraussetzungen für erfolgreiches langfristiges Abnehmen sind.
Vorsicht Täuschung bei Diätprodukten
Welchen Beitrag können die intensiv beworbenen Diätprodukte leisten? Stiftung Warentest hat insgesamt 20 Diätprodukte untersucht: Formula-Diäten, Fettbinder, Sättigungskapseln und Kohlenhydratblocker. Befasst man sich genauer mit der Studienlage, stellt man fest, dass nur wenige Hersteller Wirksamkeitsstudien vorlegen können, die der Leitlinie der Deutschen Adipositas Gesellschaft (DAG) entsprechen. Fettleibige sollten demnach mit einem Diätmittel innerhalb von sechs Monaten fünf Prozent ihres Körpergewichts verlieren und es in den folgenden sechs Monaten halten. 15 der 20 Produkte im Test wurden als wirkungslos eingestuft, den übrigen wurde eine geringe Wirkung attestiert. Doch wie wirken die unterschiedlichen Diätprodukte überhaupt?
Formula-Diäten
Diese Trinkdiät-Produkte enthalten hauptsächlich Milcheiweiß und Soja. Das Pulver wird angerührt und ersetzt eine Mahlzeit. Laut Stiftung Warentest erzielten diese Produkte bei stark Übergewichtigen zu Beginn der Diät erste Erfolge. Das ist nicht überraschend, basieren sie doch auf einem altbewährten und belegten Diätprinzip. Proteinreiche und kohlenhydratarme Kost führt zu einer Gewichtsabnahme. Das gelingt jedoch auch mit magerem Fleisch und Fisch sowie dem Verzicht auf Süßes und Fettiges. Allerdings bleibt bei den Eiweiß-Shakes der Genuss oft auf der Strecke, sodass viele Diätwillige nur vereinzelt Mahlzeiten ersetzen. Bei den regulären Mahlzeiten wird dafür umso mehr zugelangt. Hans Hauner, Direktor des Else-Kröner-Fresenius-Zentrums, hält Formula-Diäten für einen gravierenden Eingriff in den Stoffwechsel mit möglichen Nebenwirkungen wie Unterernährung, Verdauungsstörungen, Kälteempfindlichkeit, Konzentrationsschwäche oder Nervosität, bis hin zu Herzrhythmusstörungen, Muskelabbau und Nierenversagen. Leider weisen die Hersteller nicht angemessen auf diese Risiken hin.
Da die Formula-Diäten eine genaue Bilanzierung der zugeführten Energiemenge erlauben, funktionieren sie bei genauer Einhaltung und unter ärztlicher Aufsicht zu Beginn der Diät. Sie sollten aufgrund der einseitigen Nährstoffbestandteile jedoch nur max. drei Monate lang eingenommen werden.
Fettbinder oder Fatblocker
Es kommen hauptsächlich zwei Wirkstoffe zum Einsatz: Chitosan und Orlistat. Der Fettbinder Chitosan (besteht aus den Schalen von Schalentieren) bildet im Magen ein unverdauliches Gel, das Fett bindet. Der Komplex wird schließlich ausgeschieden, ohne dass Fett im Verdauungstrakt vom Körper aufgenommen werden kann. Orlistat hemmt die Lipase, das Enzym, das bei der Fettverdauung eine wichtige Rolle spielt. Wird nicht gleichzeitig die Aufnahme von Fett reduziert, drohen bei der Einnahme von Orlistat Fettdurchfälle. Eine dauerhafte Einnahme wird daher ebenfalls nicht empfohlen. Zu den Nebenwirkungen gehören Fettdurchfälle, Völlegefühl, Magenkrämpfe, ein Mangel an den fettlöslichen Vitaminen A, D, E und K, allergische Reaktionen und Stuhlinkontinenz. Sie können darüber hinaus die Wirkung fettlöslicher Medikamente, wie zum Beispiel der Antibabypille, beeinflussen. Besondere Vorsicht ist bei Fettbindern geboten, die im Internet angeboten werden. Fälschungen von Originalrezepturen können eventuell zu gesundheitlichen Schäden führen.
Sättigungskapseln
Sättigungskapseln enthalten Quell- und Füllstoffe, die den Magen füllen, ohne dabei viele Kalorien zuzuführen. Es kommen so genannte Glucomannane, Ballaststoffe aus der Konjakwurzel, zum Einsatz. Sie erzielen laut Stiftung Warentest nur eine kurzfristige Wirkung.
Kohlenhydratblocker
Ballaststoffe aus Bohnen sollen helfen, dass dickmachende Kohlenhydrate nicht verwertet werden. Neben Allergien droht Verstopfung durch das Aufquellen im Magen.
Bei der Beurteilung von Diätprodukten hat zum Beispiel die Schweizer Gesellschaft für Ernährung Kriterien aufgestellt, die bewerten, ob eine Diät ungesund ist: Weniger als 1.200 Kcal pro Tag, eine einseitige Ernährung und eine angestrebte Gewichtsreduktion von mehr als einem Kilo pro Woche gelten als ungesund.
Mit einer Ernährungsumstellung nachhaltig abnehmen
Selbst wenn solche Abnehmprodukte verwendet und dabei auch kleine Erfolge erzielt werden, kommt es beim Abnehmen in erster Linie auf eine nachhaltige Ernährungsumstellung an. Die Ernährungswissenschaft stellt dafür eine ganz einfache Formel auf – die einzige, die wohl wirklich hilft: Der Körper muss mehr Kalorien verbrennen, als er zu sich nimmt. Das geht über eine schrittweise Ernährungsumstellung und mehr Bewegung. Doch leichter gesagt als getan, denn im Alltagstrott warten viele Stressfaktoren, die einen schnell in die alte Bahn zurückwerfen.
Vermeidbare Angewohnheiten entlarven
Daher empfiehlt es sich zu Beginn, die eigene Situation genauer unter die Lupe zu nehmen und zu analysieren, wo das Problem eigentlich liegt. Dabei kann es helfen, für einige Wochen ein Ernährungstagebuch zu führen, denn es deckt zielsicher auf, wo Kalorienfallen und Ausreißer lauern. Gerade regelmäßige Angewohnheiten fallen hier ins Gewicht. Daher sollte man sich vor einer Ernährungsumstellung fragen: An welcher Stelle fällt mir der Verzicht am leichtesten und wo möchte ich mir unbedingt etwas gönnen? Greife ich im Büro zur Süßigkeitenschublade, weil mir keine Alternative zur Verfügung steht? Könnte ich stattdessen eigentlich auch ein Stück Obst essen? Ob mittags schnell noch eine Currywurst auf Montage, morgens die gezuckerten Frühstücksflocken oder abends das Feierabend-Gläschen Bier zu den Chips: Es gibt viele versteckte Kalorienfallen, die erst durch Bewusstmachen eigener Ernährungsroutinen zu Tage treten. Was viele Menschen außer Acht lassen: Auch Getränke können es in sich haben. Zu den Vertretern mit der höchsten Kaloriendichte gehören zum Beispiel Alkohol (1 Glas Wein = 165 kcal, ½ l Lagerbier = 215 kcal), der oben drein noch appetitanregend wirkt, Fruchtsäfte (0,2l = 100 kcal), Softdrinks (0,33l = 140 kcal), Energydrinks usw. Es empfiehlt sich stattdessen lieber Wasser, ungesüßte Tees oder Saftschorlen zu trinken.
Der Weg der kleinen Schritte
Die Strategie besteht darin, Stück für Stück Lebensmittel mit hohem gegen solche mit geringerem Kaloriengehalt auszutauschen. Denn nur kleine Veränderungen können auf Dauer auch durchgehalten werden. Zu den Hauptmahlzeiten hat sich langsames und bewusstes Essen bewährt:
- Durch viele Kaubewegungen stellt sich das Sättigungsgefühl früher ein.
- Wenn man kleinere Teller verwendet, wirken die Portionen größer, als sie sind und es fällt leichter, mit dem Essen aufzuhören, wenn man satt ist.
- Wer den Fernseher beim Essen abschaltet und in Ruhe isst, hilft seinem Stoffwechsel, die Nahrung besser zu verdauen.
Bewegungs-Tipps mit wenig Aufwand
Die zweite Säule einer günstigen Energiebilanz ist die Bewegung. Sich ein ehrgeiziges Sportprogramm aufzubürden, obwohl man in den letzten Jahren keinen Sport getrieben hat, halten die wenigsten auf Dauer durch. Überlegen Sie daher, welcher Typ Sie sind und ob es vielleicht nicht zielführender wäre, in kleinen Schritten vorzugehen:
- Setzen Sie sich auch bei der Bewegung kleine Ziele. Jeder Gang ist ein Pluspunkt auf Ihrem Bewegungskonto, sei es Treppensteigen, die Fahrradfahrt zum Bäcker oder der Spaziergang ins Büro.
- Drehen Sie nach Feierabend regelmäßig eine Runde um den Block. Wer das eine Woche lang geschafft hat, beginnt, diese kurze Auszeit mit sich selbst zu genießen.
- Verabreden Sie sich mit Freunden zum Sport, denn Verabredungen verpflichten und helfen, den inneren Schweinehund zu überwinden.
- Regelmäßigkeit ist der Schlüssel zum Erfolg. Es braucht Zeit, bis sich die Muskulatur aufbaut, besser durchblutet wird und dadurch mehr Kalorien verbrennt.
Die Klopftherapie (Emotional Freedom Technique, EFT) kann weiterhelfen
Zusätzlich zu allen praktischen Tipps können begleitende Coaching-Konzepte einen wertvollen Beitrag leisten, um die Motivation aufrecht zu erhalten. Zu diesen zählt zum Beispiel die Klopftherapie, die von Gary Craig entwickelt wurde. Bei der Klopftherapie geht man davon aus, dass schädliches Essverhalten nicht die zu verbessernde Ursache, sondern das Symptom einer ungelösten emotionalen Belastung ist, die im Körper eine energetische Blockade ausgelöst hat. Wenn das zugrundeliegende Problem nicht behoben wird, kehren wir laut dieser Vorstellung nach der Symptomunterdrückung oder -bekämpfung durch eine Diät nach dem Abnehmen wieder zu unserem alten Schema zurück und essen wie vorher. Beim Abnehmen mit der Klopftherapie geht es darum, bestimmte Punkte am Körper zu beklopfen, während man eine Affirmation spricht, wie etwa: „Auch, wenn ich nach der Arbeit Heißhunger auf Schokolade habe, akzeptiere ich mich vollkommen und ohne Einschränkung.“ Durch diese Affirmationen, erfolgt nach Aussage der Vertreter der Methode eine Verschiebung der emotionalen Blockade: es kommen andere Bedürfnisse zutage, die wir normalerweise durch den Essgenuss verdrängen oder kurzzeitig lindern. Diese Aspekte können dann durch die Klopftherapie aufgelöst werden, so dass die Sehnsucht nach Essen verschwindet und man dadurch abnehmen kann. Der Erfolg dieser Methode ist wissenschaftlich derzeit in der Erprobung und ist aktuell noch nicht bewiesen, jedoch berichten viele Menschen aus eigener Erfahrung von positiven Ergebnissen.
Sehen Sie hier unser Dossier zum Thema “Abnehmen”
Quellen und weiterführende Links:
Aachener-zeitung.de: Teure Mittel oder einfache Tricks – Was gegen Übergewicht hilft