Schlafstörung „COVID-Somnia“ natürlich behandeln

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Nicht schlafen zu können ist eine der frustrierendsten Erfahrungen unserer modernen Gesellschaft. | Bild: Dan Race -Stock

Schlafstörungen haben durch die immer noch andauernde Pandemie stark zugenommen. Und zwar nicht nur bei Menschen, die eine Infektion mit Covid-19 durchgemacht haben. Wir haben eine neue Form von Schlafproblemen, die es bisher noch nicht gegeben hat, und diese hat sogar schon einen Namen: „COVID-Somnia“.

Doch egal, wie wir sie nennen: Schlaflosigkeit und schlechter Schlaf können, wenn sie über längere Zeit andauern, unsere Gesundheit massiv gefährden. Deshalb raten wir, die eigenen Schlafgewohnheiten dahingehend zu überprüfen, ob Schlafdauer und -qualität neuerdings oder zunehmend beeinträchtigt sind.

Was ist „Covid-Somnia“?

Laut Schlafforschung braucht der Mensch zwischen sechs und neun Stunden Schlaf pro Nacht. Die Tatsache, dass die durchschnittliche Schlafdauer der westlichen Welt seit Jahrzehnten kontinuierlich abgenommen hat, ändert daran nichts. Laut Umfragen litten bereits vor der Pandemie ca. 25 Prozent der Erwachsenen in Deutschland an Schlafstörungen, und mehr als 10 Prozent wachten häufig oder dauerhaft nicht erholt auf.

Einschlafprobleme und Durchschlafstörungen haben nun seit Beginn der Pandemie noch weiter zugenommen und werden uns auch noch eine Weile begleiten. Um dieses komplexe Phänomen griffiger zu machen, sprechen Wissenschaftler inzwischen von „Covid-Somnia“ oder „Coronasomnia“.

Laut einer aktuellen Studie der mhplus Krankenkasse zum Thema „Schlaf in Corona-Zeiten“, bei der 1000 Bürgerinnen und Bürger befragt wurden, berichten 64 Prozent der Deutschen, dass sich ihr Schlafverhalten unter Corona-Bedingungen verändert hat. Mehr als jeder Zweite hat abends Probleme einzuschlafen, wacht morgens wie gerädert auf und würde am liebsten liegen bleiben.

Die Gründe hierfür sind vielfältig: Stress, Isolation, finanzielle Schwierigkeiten, Sorgen, Ängste und Trauer um Angehörige. Doch auch der Verzicht auf wohltuende Gewohnheiten kann den eigenen Schlaf beeinträchtigen.

Es gibt jedoch zahlreiche natürliche Abhilfemaßnahmen, um den Schlaf zu verbessern. Hier nennen wir einige:

7 Tipps für einen natürlich guten Schlaf 

  • Vorsicht mit Alkohol vor dem Schlafengehen

Adenosin ist das Abbauprodukt unseres Zellstoffwechsels bei der Energiegewinnung. Umso höher der Energieverbrauch, desto mehr Adenosin wird im Blut angereichert und erzeugt einen „Schlafdruck“. Das heißt, wir werden müde.

Alkohol verhindert, neueren Forschungen zufolge, den Abbau von Adenosin, und man fühlt sich am folgenden Tag immer noch schläfrig. Untersuchungen im Schlaflabor zeigen: Nach Alkoholgenuss schlafen gesunde Menschen schneller ein, doch die Schlafqualität in der zweiten Hälfte der Nacht ist oft schlechter. In der ersten Hälfte der Nacht ist der Schlaf nach Alkoholgenuss zwar tiefer, doch die REM-Phasen, in denen wir träumen, sind verkürzt. Warum der Schlaf in der zweiten Hälfte der Nacht schlechter ist, ist noch unklar.

Zwar hängt die Wirkung von Alkohol auf den Schlaf davon ab, wie viel man – oder frau – trinkt, denn geringe Mengen können auch anregend wirken und Frauen und Männer reagieren unterschiedlich auf Alkohol. In der Regel baut der Körper pro Stunde etwa 0,1 – 0,2 Promille ab. Zudem kann ein Toleranzeffekt eintreten, wenn man an drei oder vier aufeinander folgenden Tagen Alkohol zu sich nimmt. Dies kann die Schlafqualität insgesamt verschlechtern.

Alkohol ist also nur dann eine Hilfe bei Einschlafproblemen, wenn man bloß gelegentlich und in geringen Mengen Gebrauch davon macht.

  • Erwägen Sie, das Rauchen aufzugeben

Raucher schlafen schlechter, da Nikotin sehr anregend wirkt, unter anderem deshalb, weil es die Ausschüttung von Botenstoffen wie Serotonin und Dopamin stimuliert. Insgesamt zeigten Studien, dass Raucher unruhiger schlafen, verkürzte Tiefschlafphasen haben und ihr Schlaf im Vergleich zu Nichtrauchern häufiger durch nächtliche Atemprobleme gestört ist

Während Raucherinnen und Raucher gleichermaßen Probleme beim Einschlafen und Aufwachen aufzeigten, stellte sich heraus, dass es vor allem Frauen sind, da dann tagsüber unter Müdigkeit leiden. Rauchende Männer hingegen werden häufiger durch Alpträume um ihren Schlaf gebracht.

Nicht zuletzt dadurch, dass Nikotin zu einem schnelleren Abbau von Koffein im Körper führt, steht Rauchen auch häufig mit einem erhöhtem Kaffee-Konsum in Zusammenhang. Dass Koffein die Schlafqualität ebenfalls beeinträchtigt, ist nicht neu… und führt uns gleich zum nächsten Tipp.

  • Genießen Sie Kaffee/Koffein zur richtigen Zeit

Koffein kann sich – wie auch Alkohol und Nikotin – je nach Dauer und Menge des Konsums kurz- und langfristig negativ auf Schlaf und Wachheit auswirken. Dabei gilt es zu bedenken, dass nicht nur Kaffee und manche Tees koffeinhaltig sind. Auch viele Softdrinks, Energy-Drinks und Schokolade enthalten nicht unerhebliche Mengen dieses Stoffs.

Koffein bewirkt die Ausschüttung von Adrenalin. Dies erhöht unsere Herz- und Atemfrequenz, sodass wir uns wach und aufmerksam fühlen. Zusätzlich erhöht es den Spiegel des „Stresshormons“ Cortisol im Blut und blockiert die Rezeptoren für das oben genannte, schlaffördernde Adenosin. So baut sich zwar der „Schlafdruck“ weiter auf. Wir bemerken dies jedoch erst, wenn das Koffein weitestgehend verstoffwechselt ist. Und es kann bis zu 10 Stunden dauern, bis überhaupt die Hälfte des Koffeins im Blut abgebaut ist.

Die konzentrationsfördernde Wirkung von Koffein und der „Genusseffekt“ von Kaffee lassen sich jedoch nicht leugnen. Wenn Sie also nicht auf Kaffee verzichten möchten, legen Sie Ihre Kaffeepause am besten auf den Vormittag. Verzichten Sie nach dem Mittagessen auf koffeinhaltige Getränke, sodass Ihr Körper genügend Zeit hat, das Koffein bis zur Schlafenszeit wieder abzubauen.

  • Nehmen Sie am besten gar keine Schlafmedikamente ein

… und wenn, dann nur für kurze Zeit!

Verschreibungspflichtige Schlafmittel haben zahlreiche Nebenwirkungen. Sie führen häufig dazu, dass man sich tagsüber schläfrig fühlt, weniger leistungsfähig und aufnahmebereit ist und eine geringere Reaktionszeit hat. Auch Gedächtnis und Intelligenz können beeinträchtigt werden.

Das Robert Koch Institut gibt in seinem Bericht über Schlafstörungen an, dass für die meisten verschreibungspflichtigen Schlafmittel und deren Wirkstoffe eine Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Einnahme über mehr als 3 bis 4 Wochen bisher nicht untersucht bzw. nicht belegt wurde.

Ein Übersichtartikel aus dem Jahr 2016 hingegen führt als häufigste Risiken von Schlafmedikamenten eine erhöhte Sterblichkeit (insbesondere durch Überdosierung und Suizid), Infektionen, Krebs, Depression, Verkehrsunfälle, Stürze und andere Unfälle sowie Schlafstörungen durch Schlafmittelentzug an.

Pharmazeutische Schlafmittel sind, wenn überhaupt, lediglich für akute Phasen von Schlafstörungen geeignet, zum Beispiel nach einem schweren Verlust, einer Trennung oder traumatischen Erlebnissen. 

Wenn wir chronische Schlafstörungen natürlich ohne Abhängigkeit behandeln möchten, sollten wir also besser versuchen, deren Ursachen zu beheben.

  • Entwickeln Sie ein entspannendes Schlafritual

Signalisieren Sie durch ein entspannendes Schlafritual Ihrem Körper, dass er zur Ruhe kommen darf. Hilfreich sind abendliche Spaziergänge, ruhige Musik, Fußbäder, Meditation, Dankbarkeitsrituale, Beten, Yoga, Qi Gong oder Tai Chi. Auch die positive Wirkung von Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung, Body-Scan oder autogenes Training ist vielfach erforscht.

Inzwischen gibt es sogar erste Studien zur Progressiven Muskelentspannung bei Patienten mit Covid-19-Infektion, die aufgrund ihrer Isolation an Ängsten und Schlafstörungen litten.

  • Nutzen Sie das Tageslicht

… denn es steuert unsere innere Uhr. Sonnenlicht besteht zu einem großen Anteil aus blauem Licht. Dieses signalisiert dem Körper, dass es Tag ist und Zeit für Aktivität.

Und wenn wir tagsüber viel draußen und natürlichem Licht ausgesetzt sind, werden wir abends ganz automatisch früher müde und schlafen länger und besser. Eine Studie hat gezeigt, dass man ab einer Stunde an der frischen Luft etwa 30 Minuten früher schlafen geht. Da Zeit draußen oft mit körperlicher Aktivität verbunden ist, spielen vermutlich beide Effekte zusammen.

  • Reduzieren Sie Licht und Stress am Abend

Längst wissen wir, dass auch Bildschirme von elektronischen Geräten blaues Licht aussenden. Doch tun wir wirklich genug dafür, unsere Augen davor zu schützen, vor allem, wenn wir von Ein- oder Durchschlafproblemen geplagt sind?

Fernsehen, Tablet- oder Handy-Nutzung im Bett lassen uns schlechter einschlafen, denn ihre blaue Strahlung hemmt die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin. Für gewöhnlich steigt der Melatonin-Spiegel ab 21 Uhr und erreicht seinen Höhepunkt um Mitternacht. Danach baut er sich bis 7:30 Uhr wieder ab. Gedämpftes Licht in den Stunden vor dem Schlafengehen erhöht ebenfalls die Melatonin-Ausschüttung.

Cortisol ist bei der Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus der Gegenspieler von Melatonin. Von Natur aus ist der Spiegel morgens gegen 8:30 Uhr am höchsten und fällt dann wieder ab. Etwa gegen 22 Uhr erreicht der Cortisolspiegel sein Minimum und nimmt ab Mitternacht wieder zu.

Doch auch Stress und Aufregung – etwa durch beunruhigende Nachrichten oder Action-Spiele – erhöhen den Cortisolspiegel. Wer mit erhöhtem Cortisol im Blut einschläft, wird deshalb auch häufig früher wach, wenn das Cortisol natürlicherweise wieder ansteigt.

Fazit: Räumen Sie Ihrem Schlaf die nötige Priorität ein!

Schlafmangel beeinträchtigt nicht nur unsere Denkleistung, Reaktionsfähigkeit und das psychische Gleichgewicht, sondern auch unsere körperliche Gesundheit und allgemeine Lebenserwartung. Menschen, die zu wenig schlafen, haben ein höheres Risiko, übergewichtig zu werden und Herzkrankheiten, Stoffwechselerkrankungen, Immunschwäche oder Depressionen zu entwickeln.

Guter Schlaf fördert dagegen die Lernfähigkeit und das Gedächtnis, stärkt das Immunsystem und die Stressresistenz. Neuere Forschung zeigt außerdem, dass ausreichend Schlaf das Risiko senkt, an Demenz zu erkranken.

Wir tun also gut daran, aktive Schlafhygiene zu betreiben und der Bedeutung von natürlich gutem und ausreichendem Schlaf die nötige Priorität in unserem Leben einzuräumen. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) bietet Menschen mit Ein- und Durchschlafstörungen einen ausführlichen Ratgeber.