COVID-19: Genesen, aber nicht immer gesund

Circa 24 Millionen Menschen in Deutschland gelten als von COVID-19 genesen (Stand Mai 2022). Manche haben aber noch lange nach der eigentlich überstandenen Corona-Infektion gesundheitliche Probleme. Was man bisher über die Langzeitfolgen weiß , wie sie behandelt werden und ob Impfen vor Long-COVID schützt,und wohin man sich wenden kann, erfahren Sie hier. 

Long-COVID oder Post-COVID-Syndrom bezeichnen Spätfolgen einer Corona-Infektion mit SARS-CoV-2. Warum 30 bis 70 Prozent der Menschen nach überstandener Corona-Infektion Spätfolgen entwickeln [1], ist noch nicht bekannt [2]. Vermutet werden Entzündungsprozesse oder Autoimmunreaktionen. Nach Definition der Arbeitsgemeinschaft der Medizinischen Fachgesellschaften spricht man von Long-COVID, wenn gesundheitliche Beschwerden länger als vier Wochen nach überstandener akuter Infektion bestehen. Beim Post-COVID-Syndrom sind die Beschwerden hingegen länger als zwölf Wochen vorhanden [2].

Was sind die häufigsten Symptome von Long-COVID?

Zu den häufigsten Krankheitssymptomen nach einer Corona-Infektion gehören Erschöpfung, Atembeschwerden, Konzentrations- und Schlafstörungen, Geruchs- und Geschmacksstörungen, Herzrhythmusstörungen, Kopfschmerzen, Muskelschwäche und -schmerzen, depressive Verstimmung und Ängstlichkeit [3]. Aber es kann auch zu Lärm- und Lichtempfindlichkeit kommen. Die Symptome können einzeln oder in Kombination auftreten. Bisher vorhandene Erkenntnisse legen nahe, dass die Spätfolgen einer Corona-Infektion Gesundheit und Leben der Betroffenen langfristig beeinträchtigen können [4]. In einer englischen Studie zeigte sich, dass über 50 Prozent der Patienten, die wegen der Infektion im Krankenhaus behandelt wurden, auch nach zwei Monaten noch unter Beschwerden litten. Spätfolgen können auch bei einem milden Verlauf der akuten Corona-Infektion auftreten [2].

Corona-Virusvarianten mit unterschiedlicher Krankheitslast

Seit Beginn der Corona-Pandemie ist SARS-CoV-2 in den von der WHO eingestuften besorgniserregenden Varianten Alpha, Beta, Gamma, Delta und Omikron aufgetreten [5]. Die in Deutschland derzeit vorherrschende Virusvariante ist Omikron BA.2, die sich schneller ausbreitet als die bisherigen Varianten, jedoch mit einer geringeren Krankheitslast als die 2021 vorherrschende Delta-Variante [6]. Trotzdem sind ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen besonders gefährdet [6], aber auch bei Kindern und Erwachsenen ohne bekannte Vorerkrankungen können schwere Verläufe auftreten [5]. Mittlerweile haben sich Mischvarianten aus Delta- und Omikron-Viren gebildet, die als rekombinante Varianten XD, XE, XF; XG und XM bezeichnet werden, aber in Deutschland bisher nur selten identifiziert wurden [5].

Impfen schützt vor Long-COVID

Impfungen scheinen nicht nur vor einem schweren Krankheitsverlauf, sondern auch vor den gesundheitlichen Folgen nach einer an sich überstandenen COVID-Infektion zu schützen. Das legen mehrere Studien nahe. Eine aktuelle israelische Studie an über 3000 Personen kommt zu dem Schluss, dass zweifach Geimpfte nach einer Corona-Infektion bis zu 85 Prozent seltener über Symptome wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Atemnot und Muskelschmerzen klagen [2]. In einer englischen Studie berichteten mehr als die Hälfte der infizierten Personen, die zuvor zweimal gegen das Virus geimpft worden sind, seltener über die typischen Long-Covid-Symptome [2].

Warum Long-COVID-Patienten Geduld brauchen

Viele Genesene denken bei später auftretenden Beschwerden nicht an Folgen ihrer Corona-Erkrankung. Die bei Long-COVID auftretenden Beschwerden sind vielfältig und oft auch symptomatisch für andere Erkrankungen. Das erschwert eine Diagnose [2]. Ein aufwändiges Ausschlussverfahren ist nötig, um die Beschwerden als Spätfolgen einer Corona-Infektion zu erkennen. Zudem wird Long-COVID seit Januar 2021 als eigenständiges Krankheitsbild im ärztlichen Abrechnungssystem erfasst [7]. Long-COVID kann nicht durch einzelne Laborwerte festgestellt werden. „Eine weiterführende spezialärztliche Abklärung kann angezeigt sein, wenn nach durchgemachter SARS-CoV-2 Infektion Einschränkungen länger als 3 Monate“ andauern, heißt es in der S1-Leitlinie Post-COVID/Long-COVID [8]. Jördis Frommhold, Präsidentin des Ärzte- und Ärztinnenverbands Long COVID, spricht sich für „eine Differentialdiagnostik unter Beteiligung verschiedener Fachrichtungen, etwa der Pulmologie, Kardiologie und Neurologie“ aus [2]. Dennoch ist der Hausarzt der erste Ansprechpartner [9], der gemäß den Leitlinien zunächst eine symptomorientierte Therapie empfiehlt [10]. Gegebenenfalls erfolgt eine Überweisung zu einem entsprechenden Facharzt [9]. Mittlerweile gibt es Post-COVID-19-Ambulanzen und auf Long-COVID spezialisierte Rehakliniken (https://longcoviddeutschland.org/ambulanzen/9 ), die eine interdisziplinäre Diagnostik und Behandlung anbieten.