Welches Naturheilverfahren passt zu mir? – Teil 2

Welches Naturheilverfahren passt zu mir?
Was hat unsere eigene Kultur und Medizingeschichte für natürliche und sanfte Mittel und Methoden für die Gesundheit auf Lager? | Bild: Sebastian Duda – Adobe Stock

Was gehört zur Naturheilkunde noch? Liegt es nicht auch nahe, zu schauen, was unsere eigene Kultur und Medizingeschichte für natürliche und sanfte Mittel und Methoden für die Gesundheit auf Lager hat? Gerade der erste bewusste Schritt hin zu einem bestimmten Naturheilverfahren ist meistens der entscheidende Impuls in Richtung Selbstverantwortung und Selbstheilung, zwei wesentliche Aspekte der ganzheitlichen Medizin.

Als Fortsetzung zu Teil 1 wenden wir uns diesmal den großen Gebieten der Naturheilkunde zu, die ihre Wurzeln in Europa bzw. der westlichen Welt haben.

Traditionelle Europäische Naturheilkunde – was ist das?

Namen wie Hippokrates, Paracelsus, Hildegard von Bingen, Samuel Hahnemann oder Sebastian Kneipp spielen in der europäischen Medizingeschichte eine wesentliche Rolle. Doch derart geschlossene und in sich stimmige naturheilkundliche Systeme wie Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) oder Ayurveda wurden in unserer abendländischen Kultur nicht überliefert. Eine systematische Durchdringung und Zusammenfassung traditionell abendländischer Heilmethoden findet erst in jüngerer Zeit statt.

Nichtsdestotrotz kann aber auch die hiesige Naturheilkunde mit wertvollen Schätzen für unsere Gesundheit aufwarten, und vielleicht liegt gerade in dieser Offenheit die Chance, die wirkungsvollsten europäischen Naturheilverfahren anzuwenden, weiter zu erforschen und miteinander zu kombinieren.

Von Rückenschmerzen, Arthrose und Migräne über Hautkrankheiten und Magen-Darm-Erkrankungen bis hin zur komplementären Krebstherapie – die Anwendungsgebiete traditioneller westlicher Naturmedizin sind sicher genauso umfangreich wie die der fernöstlichen Naturheilkunde.

Die Säulen der Klassischen Naturheilkunde

Die klassische Naturheilkunde hat ihre Wurzeln in der europäischen Heilkunst und reicht von der aus der Antike überlieferten Wasserheilkunde über Bewegungstherapie bis zur Heilpflanzenkunde und Ernährungslehre. Auch der gezielte Einsatz von Wärme und Kälte, Erde und Licht zu Heilzwecken findet in der europäischen Naturmedizin Anwendung.

Den klassischen europäischen Naturheilverfahren liegt ebenfalls ein ganzheitliches Medizinverständnis zugrunde. Ziel der Behandlung ist die Anregung der Selbstheilungskräfte durch schonende Einwirkungen von Naturheilmitteln sowie die Anleitung und Förderung zur Übernahme von Eigenverantwortung durch den Patienten.

Was ist Homöopathie?

Arnica-Globuli gegen Prellungen und Verstauchungen oder Euphrasia-Augentropfen gegen Gerstenkorn und Bindehaut-Entzündung findet man sicher in vielen Hausapotheken, auch wenn die Besitzer oft gar keine ausgesprochenen Verfechter der Homöopathie sind.

Bereits vor 2500 Jahren unterschied der berühmte Arzt Hippokrates bei der Therapie seiner Patienten zwei Heilprinzipien, zum einen die Behandlung mit entgegenwirkenden Stoffen, zum anderen die mit ähnlich wirkenden Stoffen. Bei der Anwendung ähnlich wirkender Stoffe werden Arzneimittel eingesetzt, die beim Gesunden ein ähnliches Krankheitsbild hervorrufen würden. Beim Kranken sollen sie die körpereigenen Abwehrmechanismen und seine Selbstheilungskräfte aktivieren. Auf diesem Fundament entwickelte Samuel Hahnemann gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Lehre der Homöopathie.

Homöopathie – wie wirkt sie?

Jedes neue Heilmittel wird an gesunden Menschen unterschiedlichen Alters geprüft, wobei sämtliche Reaktionen genauestens beobachtet und dokumentiert werden. Die Summe aller festgestellten Beschwerden und Symptome, die im Rahmen einer solchen homöopathischen Arzneimittelprüfung auftreten, ergibt ein ganz spezifisches Arzneimittelbild der jeweiligen Substanz. Nach dem Prinzip „Ähnliches mit Ähnlichem heilen“ wird dieses Bild als Grundlage der therapeutischen Anwendung beim Kranken verwendet – heute noch genauso wie vor 200 Jahren, auch wenn es inzwischen Weiterentwicklungen und moderne Formen der homöopathischen Behandlung gibt, zum Beispiel die Komplexmittel-Homöopathie nach Pastor Emanuel Felke.

Hahnemann beobachtete außerdem, dass sich der Heilerfolg bei seinen Patienten verbesserte, wenn er ein Mittel auf besondere Weise verdünnte. Dieses Prinzip, das hinter Bezeichnungen wie D6, C12 oder C30 steckt, nannte Hahnemann Potenzierung. Und es ist auch dieses Prinzip, das bei Betrachtung nach aktuellen wissenschaftlichen Standards die Gemüter erregt, nämlich, dass in sehr hohen Potenzen mit naturwissenschaftlich anerkannten Messmethoden kein Wirkstoff mehr nachweisbar ist.

Es liegen hochinteressante Studien und Experimente zur Wirksamkeit dieses Heilverfahrens vor, die sich nicht auf Scheinwirkungen, den sogenannten Placebo-Effekt, reduzieren lassen: An der Universität Bern wurde beispielsweise nachgewiesen, dass mit Arsen vergiftete Wasserlinsen unter der Behandlung mit dem homöopathischem Mittel Arsenicum album signifikant schneller wachsen als die vergifteten Linsen in den Vergleichsgruppen.

In folgendem Video erfahren Sie mehr über diesen Wasserlinsen-Versuch: Wirkt Homöopathie? Wasserlinsen-Experiment

Weitere Informationen zur Homöopathie erhalten Sie hier: https://www.homoeopathie-online.info/was-ist-homoeopathie-ein-ueberblick/

Was ist Anthroposophische Medizin?

Anthroposophische Medizin verbindet die naturwissenschaftliche konventionelle Medizin mit geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen der Anthroposophie. Sie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie, zusammen mit der Ärztin Ita Wegman in Deutschland entwickelt.

Nach dem Verständnis der Anthroposophischen Medizin bilden körperliches und seelisches Leben gemeinsam mit der Individualität des Menschen eine Einheit und beeinflussen sich gegenseitig. Dies in Diagnostik und Therapie zu berücksichtigen ist die wesentliche Aufgabe eines Anthroposophischen Arztes oder Therapeuten. Bei der Behandlung wird vorwiegend auf die Selbstheilungskräfte des Organismus gebaut, der mit Naturheilmitteln mineralischen, pflanzlichen und tierischen Ursprungs unterstützt wird, zum Beispiel auch mit homöopathischen Mitteln.

Eine weitere wichtige Säule der Anthroposophischen Medizin ist die Heileurythmie, eine Form der Bewegungstherapie, die bei akuten, chronischen oder degenerativen Erkrankungen des Nervensystems, des Herz-Kreislaufsystems, des Stoffwechselsystems und des Bewegungsapparates Anwendung findet. Unter anderem kann Heileurhythmie auch bei Zahn- oder Kieferfehlstellungen oder psychischen Erkrankungen erfolgreich eingesetzt werden.

Zur Anthroposophischen Medizin zählen außerdem künstlerische Therapien, rhythmische Massagen und Öldispersionsbäder.

Weitere Informationen über die Anthroposophische Medizin finden Sie unter https://www.gaed.de/

Welche Naturheilverfahren gibt es noch?

Seien es Kneipp-Güsse, Schüssler-Salze oder Bachblüten, oft wird unter Naturheilverfahren auch alles zusammengefasst, was sich nicht direkt der naturwissenschaftlich-universitären Medizin zurechnen lässt.

Behandlungsverfahren wie Osteopathie, Kinesiologie, Orthomolekulare Medizin und Neuraltherapie zählen strenggenommen zwar nicht zur Naturheilkunde, sind aber eng damit verbunden und werden von zahlreichen naturheilkundlich tätigen Ärzten und Heilpraktikern bei verschiedensten Beschwerden, beispielsweise Schmerzen im Bewegungsapparat, mit großem Erfolg eingesetzt.

Sie haben Gefallen an einem der vorgestellten Naturheilverfahren gefunden, doch wo und von wem lassen Sie sich nun behandeln? Im vierten und letzten Artikel dieser Serie erhalten Sie Hilfestellung bei der Suche nach einem passenden Therapeuten.