Bio-Becher und essbares Einweg-Geschirr: zum Nachtisch einen Löffel

Geschirr zum Essen. Die Firma Bakeys des indischen Wissenschaftlers Narayana Peesapaty setzt auf Hirse.

Bio statt Einweg-Geschirr: Mit essbarem Besteck weniger Müll verursachen. Bild: Milkos | fotolia

Nicht nur im Flieger oder auf Großveranstaltungen, auch im Alltag wird immer mehr Einweggeschirr verbraucht. Essen und Trinken „to go“ liegen im Trend. Einweggeschirr ist da praktisch, verursacht aber viel Müll. Um die Umwelt zu schonen, suchen Wissenschaftler und Erfinder nach Alternativen. Mit Erfolg: Heute gibt es kompostierbares und sogar essbares Bio-Geschirr und Besteck.

„In Deutschland werden pro Jahr 2,8 Milliarden Coffee to go-Becher verbraucht. Für ihre Herstellung sind 64.000 Tonnen Holz, 1,5 Milliarden Liter Wasser, 11.000 Tonnen Kunststoff und eine Energiemenge notwendig, mit der sich eine Kleinstadt ein Jahr lang versorgen ließe”, erklärt der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Jürgen Resch. Doch nicht nur die Ressourcenverschwendung ist den Aktivisten ein Dorn im Auge. Laut DUH landen bundesweit jede Stunde 320.000 Kaffeebecher im Müll. Pro Jahr sind das fast drei Milliarden Einwegbecher. Eine getrennte Entsorgung ist zwischen Straßenbahn und Büro weder möglich, noch bringt es wirklich etwas. Denn die Plastik-Pappbecher bestehen aus Mischmaterial und sind weder in der Papiertonne noch im Plastikmüll gut aufgehoben. Sie werden deshalb nicht recycelt, sondern einfach verbrannt.

Umweltfreundlicher und auch entspannter als der schnelle Kaffee im Gehen, ist die gute alte Kaffeepause beim nahegelegenen Bäcker oder im Straßencafé. Wer dazu wirklich keine Zeit hat, sollte auf wiederverwendbare Becher mit oder ohne Thermoisolierung umsteigen. Besser als Plastikbecher, aus denen sich bei hohen Temperaturen Bisphenol-A (BPA, östrogenähnliche Wirkung im Körper) lösen kann, sind Modelle aus Edelstahl, Polypropylen (PP), Polyethylene (PE), Silikon oder Porzellan.

Vor ganz andere Herausforderungen als das Kaffeebecher-Müll-Problem, das sich mit etwas gutem Willen leicht lösen lässt, stellen Einweggeschirr und –Besteck. Denn kaum jemand kann und will seinen halben Hausrat durch die Gegend schleppen und in der Mittagspause auch noch spülen. Eine ebenso einfache, wie geniale Lösung kommt aus Indien: Besteck, das man nach Gebrauch aufisst.

Essbares Besteck – Indien löst Umweltprobleme

Kein anderes Land verbraucht so viel Einweggeschirr wie Indien. 120 Milliarden Plastiklöffel und -gabeln pro Jahr. Zusammen mit den dort ohnehin schon gigantischen Bergen an Plastikmüll – allein die 60 größten Städte des Landes produzieren über 15.000 Tonnen Plastikmüll pro Tag – sorgt das für dramatische Umweltprobleme. „Warum benutzen wir so viel Plastikbesteck?“, fragt der indische Wissenschaftler und Unternehmer Narayana Peesapaty im Video. „Weil es keine Alternative gibt. Jetzt gibt es eine.“ Mit seiner Firma Bakeys stellt er essbares Besteck her.

Neben Reis und Weizen bestehen seine Löffel vor allem aus Sorghumhirse, da ihr Anbau sehr viel weniger Wasser benötigt als der von Reis. Das Besteck ist frei von Farb- und Konservierungsstoffen, drei Jahre haltbar und sehr temperaturbeständig. Laut eigenen Angaben lösen sich die Löffel und Essstäbchen erst nach 10 bis 15 Minuten in einer heißen Suppe auf. Danach könne man sie ohne Bedenken aufessen oder auf dem Kompost entsorgen.

Narayana Peesapaty: Vom Curry zur Geschäftsidee

Die Idee dazu kam dem Wissenschaftler beim Essen eines Jowar Roti, einer Art Fladenbrot aus Hirse. „Das Brot war so hart, dass ich es auseinanderbrechen musste und es wie eine Spachtel benutzte, um mein Curry zu essen“, so Peesapaty. Seit November 2014 hat Peesapaty nach eigener Aussage eineinhalb Millionen Löffel verkauft. 100 Löffel kosten derzeit 275 Rupien (3,65 Euro). Auch wenn sie nicht gegessen werden, sind die Hirselöffel umweltfreundlicher als Plastikbesteck. Sie verrotten nach ein paar Tagen. Schüssel oder Teller will der findige Mann aus Indien aber nicht herstellen. Denn nach dem Essen noch einen Teller zu verspeisen, darauf haben vermutlich die wenigsten Lust. Die Folge: Die Teller und damit Lebensmittel landen im Müll.

Wiese statt Abfalleimer: Aus Bio-Kaffeebechern sprießen Blumen

Für das gute Gewissen beim Coffee to go haben findige Tüftler des US-Startups Reduce. Reuse. Grow einen pflanzbaren Kaffeebecher erfunden. Ihre Pappbecher sind biologisch abbaubar und enthalten Samen lokaler Pflanzen. Er kann damit eingepflanzt oder einfach auf die Wiese geworfen werden. Innerhalb von 180 Tagen soll sich der Becher auflösen und Samen von Pflanzen freisetzen, die in das jeweilige Ökosystem passen. Um den Becher auf den Markt bringen zu können, haben die Erfinder auf Kickstarter Geld gesammelt. Statt der erhofften 10.000 Dollar haben dort bereits 569 Unterstützer über 20.000 Dollar beigetragen, um die Verwirklichung des Projekts zu ermöglichen.

Dennoch: Mehrweg bleibt die beste Alternative

Nicht bei allen Umweltschützern stoßen die Erfindungen auf Begeisterung. Denn: Einweggeschirr ist immer ein Problem, auch wenn es umweltfreundlich ist. Die Herstellung verbraucht Ressourcen, die zur kurzen Nutzung in keinem Verhältnis stehen. Für die Umwelt ist Mehrweg deshalb immer die bessere Lösung.